Suchtvertiefungsklinik

Lia war so sehr mit Sav beschäftig, dass sie ihren Mann tatsächlich nicht warhnahm. Leicht verträumt blickte sie auf Sav, der vor ihr auf einer flauschigen Decken lag und leise gurrende Geräusche von sich gab. Sie hatte sein kleines Händchen in ihre gelegt und lächelte ihn an.

Kann das alles möglich sein? Vor mehr als einem Jahr noch hätte ich jedem, der mir gesagt hätte, dass ich demnächst Mutter werde einen Vogel gezeigt. Doch Sav liegt hier vor mir und versucht schon so etwas wie ein leichtes Grinsen von sich zu geben. In Berlin war ich oft alleine, was nicht zu letzt daran lag, dass Richard viel in New York zu tun hatte und dann plötzlich: zog jemand in meine alte Wohnung ein. Nein, nicht jemand, es war Sam. Wäre er nicht gegenüber einzogen, würde ich wahrscheinlich immer noch in Berlin hocken und jetzt nicht hier in Maryland in den Staaten sein.

Es war alles so verwirrend zu Anfang für mich. Ich liebe Richard und habe mich gleichzeitig noch in Sam verliebt. Damals war ich mir nicht sicher, ob meine Gefühle mir nicht einen Streich spielen, doch jetzt weiß ich, dass es nicht an dem ist. Der Anfang der Beziehung war chaotisch, keine Frage, wussten doch weder Richard noch ich, woher Sam kam, was er wollte oder wie es ihm ging. Erst langsam wurden kleine Bruchstücke aus Sams Lebens bekannt und wir konnten anfangen, dass mysteriöse Puzzle um Sam zusammen zusetzen. Es war oft nicht leicht. Richard als auch ich kamen so manches Mal nicht an Sam heran und wussten mit so einigen Situationen nicht umzugehen.

Erst als Sam sich freiwillig für eine Therapie entschied, um mit dem Tod seiner Tochter klar zu kommen, war es auch für uns, Richard und mich, leichter mit Sam umzugehen und auch ihm schien es leichter zu fallen, uns gegenüber zu treten. Die Nachricht darüber, dass ich schwanger bin und Sam der Vater sei, hatte ihn wieder in ein tiefes Loch zurück katapultiert. Dies waren für mich Tage voller Höhen und Tiefen, wusste ich doch mal wieder nicht, woran ich war. Richard stand ganz klar hinter mir, auch wenn er nicht der Vater war von Sav.

Richard! Er hatte sich meinetwegen im Hausflur mit Sam geschlagen und war mitten in der Nacht zum Wittenbergplatz gekommen, um mich von dort abzuholen und das alles an dem Tag an dem er aus New York zurück gekommen war und mich damit überraschen wollte. Er hatte mich küssend mit Sam im Flur entdeckt und war sofort auf Sam losgegangen. Obwohl ich Richard in diesem Moment hintergangen hatte, war er doch bei mir geblieben und ließ mir Zeit und Raum, um alles ins rechte Licht zu rücken. Auch meine Aussage, dass ich mich in Sam verliebt hatte und eine Dreierbeziehung anstrebte, ließ ihn ruhig bleiben. Ich war dankbar für sein Verhalt mir gegenüber. Nicht jeder Mann hätte so reagiert, wie Richard es getan hatte.

Vielleicht war es auch seine Neugier und seine Art, die ihn mit dieser Tatsache haben offen umgehen lassen, oder einfach nur unsere Liebe zueinander. Feststeht, dass es für uns alle ein Neuanfang ist und war. Ein Neuanfang mit Hindernissen.