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Doc_Wuffi

Lost in Blue

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:08

When nothing's as it seems...

Autor: Doc_Wuffi
Altersempfehlung: R-16
Charaktere: Don Eppes, Nick Symonds, Terry Lake, David Sinclair, Alan Eppes, Charlie Eppes, Irving Lambert
Genre: Action
Warnungen: Keine
Spoiler: Keine
Kapitel: 45
Fertiggestellt: Ja
Erstellt: 02.01.2007
Letztes Update: 02.01.2007
Kommentar: Die Story ist ein kleines Crossover zwischen Numb3rs und Splinter Cell. Zumindest sollte man mit dem Begriff "Splinter Cell" etwas anfangen können.


Es war dunkel. Egal in welche Richtung sich Don auch wandte, um ihn herum blieb alles schwarz. Weit entfernt konnte er das Klingeln seines Handys vernehmen. Er griff zu seinem Gürtel, doch das Mobiltelefon war nicht an seinem Platz. Vorsichtig schritt er vorwärts. Mit den Händen versuchte er zu ertasten, was sich vor ihm befand. Doch dort war genauso viel, wie er sehen konnte: nichts. Das Telefon schellte immer noch und so versuchte er sich am Klingeln zu orientieren, wo das Gerät sein mochte. Mit kleinen unsicheren Schritten bewegte er sich in Richtung des immer wiederkehrenden Tones. Plötzlich verstummte das Geräusch. "Verdammt", fuhr es im durch den Kopf. Doch dann hörte er eine Stimme, die wie ein Windhauch in seine Richtung flüsterte. Er hielt den Atem an, um die Worte verstehen zu können. Trotzdem fiel es ihm schwer, mehr als nur einzelne Worte zu vernehmen. Immer wieder waren es dieselben Worte. Angespannt lauschte er weiter. Was wollte ihm diese Stimme sagen?



In diesem Moment schreckte Don schweißgebadet auf. Er saß senkrecht auf dem Sofa. Eine Wolldecke bedeckte seine Beine bis zu den Knien, der Rest hing schlaff zu Boden. Don rieb sich mit der flachen Hand über die verschwitzte Stirn. Zu genau waren die Erinnerungen an den Traum. "Finsternis... Einsamkeit... Grauen... Bruder...", murmelte er unbewusst vor sich hin, während er seine Umgebung musterte. Er befand sich im Haus seines Bruders Charlie. Wie schon häufiger in der letzten Zeit hatte er sich entschlossen, nach dem Essen zu bleiben und wie jedesmal war das Sofa sein Bett geworden. Rechts neben ihm befand sich der Tisch, auf dem eine leere Flasche Bier weilte. Daneben lag seine Uhr, die ihm mit ihren leuchtenden Zeigern angab, dass es erst kurz vor Drei in der Früh war. Neben der Uhr befand sich sein Handy, dass jedoch mucksmäuschenstill und ohne jegliche Bewegung sein Dasein auf dem Tisch fristete.

In einer Welle der Erinnerung an seinen Traum griff er danach und klappte es auf, nur um festzustellen, dass niemand angerufen hatte. Langsam legte er es wieder zurück und rieb sich die Augen. Das schwache Mondlicht warf einen leichten Schein durch die großen Fenster und zeigte Don das, was er kannte: den Durchgang zur Küche, den Esstisch mit den Stühlen, das Bücherregal... Alles war so, wie es sein sollte. Seufzend legte sich Don wieder hin und zog die Decke vom Boden, als ihm die vier Begriffe wieder in den Sinn kamen. "Finsternis... Einsamkeit... Grauen... Bruder...", wiederholte er sie dieses mal bewusst. Sein Verstand war nun auf Touren und so versuchte er, zwischen diesen Wörtern einen Zusammenhang zu erkennen. Finsternis, Einsamkeit und Grauen beschrieben für ihn schreckliche Zustände, die er in dem Traum selbst eher unbewusst durchlebt hatte. Aber was hatte sein Bruder damit zu tun?

Träumte Charlie den gleichen Traum? Gab es etwas, was ihn bedrückte? Don hatte nicht das Gefühl gehabt, dass etwas nicht in seinen normalen Bahnen verlief. Angestrengt dachte er weiter nach. Gab es irgendeine Situation in der letzten Zeit, wo ihm hätte auffallen müssen, dass etwas nicht stimmte?

Mit inzwischen wieder geschlossenen Augen ging er die letzte Woche durch. Nichts. Zumindest nichts, dass auffällig gewesen wäre. "Es war nur ein Traum", sagte er leise zu sich selbst. Genervt setzte er sich auf, um aufzustehen. Mit gekonnten Griffen faltete er die Wolldecke ordentlich zusammen und legte sie auf dem Sofa ab. Als er sich dann endgültig vom Sofa erhob, fiel sein Blick auf sein vom Mondschein schwach erleuchtetes und total zerknittertes Hemd, das er noch trug. Leise zog er sich seine Socken und Schuhe an, die er neben dem Sofa abgestellt hatte. Dann nahm er sein Handy und befestigte es an seinem Gürtel, danach legte er sich die Uhr an. Anschließend griff er zu der Bierflasche und ging schleichend in die Küche, schließlich wollte er niemanden wecken.

Dort stellte er die Flasche neben dem Kühlschrank auf die Arbeitsplatte und ging zurück zum Esstisch, wo sein Jackett über einem Stuhl hing. Schwungvoll zog er es sich an und machte sich auf den Weg zur Tür. Während er diese öffnete, suchte er in der Jackentasche nach seinem Schlüssel, den er aber erst zu fassen bekam, als er bereits die Tür geräuschlos wieder geschlossen hatte und seinen Wagen erreichte. Vorsichtig startete er das riesige Auto und machte sich auf den Weg zu seinem Apartment.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:09

Re: When nothing's as it seems...

Das Wasser plätscherte laut. Ein Bach. Die kleinen Felsen waren von grünem Moos bedeckt. Auf der einen Seite des Baches türmte sich ein Hang auf, ziemlich hoch, aber nicht besonders steil. Bäume hielten die Erde an ihrer Stelle, während das Wasser sich einen immer tieferen Graben durch den Stein grub. Braun und grün waren die vorherrschenden Farben. Der Boden war bedeckt mit grünem Farn. Auf der anderen Seite verlor sich dieses Grün in einem Gelb. Ein großes Kornfeld trennte ein Grundstück mit einer riesigen Villa vom Bach. Vor diesem Haus standen zwei Geländewagen und eine große Limousine. Schon von Weitem konnte man erkennen, dass der Hausbesitzer viel Geld haben musste. Die drei Fahrzeuge hatten gerade erst gehalten, so dass nun nach und nach die Insassen ausstiegen. Als die hintere Tür der Limousine geöffnet wurde, richtete sich das Fadenkreuz eines Zielfernrohres auf den Aussteigenden. "Ziel negativ", flüsterte eine Stimme in ein Mikrofon. "Nick, bist du sicher?" krächzte die Antwort in seinem Ohr. "Ja, Darryl", antwortete Nick genervt, "die wollen uns reinlegen." Die Idylle wurde von einer lauten Explosion mitten im Kornfeld zerrissen. Instinktiv versuchte Nick, seinen Kopf zu schützen, obwohl er in dem Waldstück viel zu weit weg war, um ernsthaft in Gefahr zu geraten. Selbst mit einem Fernglas hätte man den jungen Mann wohl kaum entdecken können, so gut war er versteckt.

"Darryl?" brüllte Nick in das Mikrofon seines Funkgerätes. Rauschen. Dann ein paar Wortfetzen. "Darryl?" rief er nun laut, als er aus seinem Versteck aufsprang. "... Falle... verschwinde...", waren die einzigen Worte, die durch das Rauschen hindurch kamen. Statt dessen waren nun laut Schüsse zu hören. Schnell lief Nick mit seinem Gewehr in beiden Händen zum Bach hinunter, bevor er dort in die Hocke ging und per Zielfernrohr versuchte, über das Feld hinweg zu sehen. "Ich gehe nicht ohne dich", sagte er ins Funkgerät, dessen Mikrofon an seinem Uniformkragen befestigt war. Tatsächlich sah er am Rande des runden Ausschnitts eine Bewegung im Feld. Sofort nahm er das schwere Scharfschützengewehr wieder in beide Hände, stand auf, sprang über den Bach und suchte sich einen Weg durch das Feld. Es dauerte keine Minute, bis er seinen Partner erreichte. "Darryl", rief er entsetzt, als er sah, dass dieser sich das Bein hielt und blutete. Schnell kniete er neben ihm nieder, legte das Gewehr neben sich ab und wollte auch seinen Rucksack abnehmen, als ein Mann mit einem Maschinengewehr auftauchte. Ohne Vorwarnung legte er an und drückte ab.



"Neeeeiiiinnnn!" Nick schreckte hoch. Er seufzte. Wie lange sollte ihn dieser Traum noch verfolgen? "Hey, alles in Ordnung?" kam eine Stimme von der Tür. Instinktiv riss Nick eine Waffe unter dem Kopfkissen hervor, doch schon im nächsten Moment entspannte er sich etwas. "Ja, Duncan, alles in Ordnung", antwortete er dann mit ruhiger Stimme. Als nächstes konnte er ein leises Gemurmel hören und dann schließlich das Klicken des Türschlosses, welches ihm signalisierte, dass die Tür nun wieder geschlossen war. Nick legte die Waffe neben dem Bett auf den Boden und sah sich um. Er saß auf einer Matratze, die sich in einem heruntergekommenen Zimmer befand. Die Tapeten, die mal die Wände geziert hatten, waren zum größten Teil schon abgebröckelt. Soviel konnte man durch das Licht, das dank einer Straßenlaterne hereinschien, erkennen. Außer einer Lampe, einem Spiegel und einem Waschbecken war der Raum leer. Nick stand auf und knipste die Lampe an. Das schaurige Zimmer wirkte nun wie die Kulisse aus einem Horrorfilm. Keine Gardinen vor den Fenstern, die zum größten Teil eingeschlagen waren. Auf dem Boden lagen die Scherben, aber zum Glück nur in der Nähe der Fenster. Das Waschbecken war schon lange nicht mehr weiß, sondern mit einem ekelerregenden gelben Film überzogen. Und der Spiegel war auch schon demoliert.

Kein Wunder, wenn man in einem zum Abriss freigegebenen Haus verweilte. Nick sah in die Reste des Spiegels und musterte sein braungebranntes, aber in diesem Moment aschfahles Gesicht. Unter dem Kinn hatte er eine längliche Narbe, die von einem Autounfall herrührte. Meistens wurde diese Narbe jedoch durch einen Dreitagebart bedeckt. Seine langen dunklen, fast schwarzen Haare hingen ihm zum Teil im Gesicht, sodass sie einen von aussen undurchsichtigen Vorhang ergaben. Mit den Finger strich er sie nun hinter die Ohren, doch eine Strähne fiel ihm bei jedem Versuch zurück ins Gesicht. Mit zitternden Händen öffnete Nick den Wasserhahn, wartete bis klares Wasser kam, um sich mit diesem das Gesicht zu waschen. Ein Geräusch ließ ihn in seinen Bewegungen verharren. In diesem Moment verfluchte er sich, dass er die Waffe neben der Matratze hatte liegen lassen. Langsam drehte er den Kopf zur Tür, die sich links von ihm befand. Es klopfte. "Ja?" fragte Nick vorsichtig. "Darf ich reinkommen?" kam von draußen die Frage einer Männerstimme. "Ja, klar, Corin", antwortete ihm Nick mit einem Augenrollen. Als die Tür geöffnet wurde, trocknete sich Nick gerade das Gesicht mit dem weißen T-Shirt, dass er zum Schlafen angelassen hatte.

"Was ist denn?" fragte er den etwas größeren Mann, der soeben sein Zimmer betreten hatte. "Ich glaube, wir sollten uns ein neues Gebiet suchen", kam die Antwort, während die Tür langsam ins Schloss fiel. Nick bewegte sich zu der Matratze, neben der auch seine schwarze Jeans lag. "Ist dir Phoenix zu klein geworden?" wollte er lächelnd wissen, während er in seine Hose schlüpfte. "Nein", entgegnete Corin, "wir sollten hier verschwinden. Wir haben zu viel Aufsehen erregt mit unserer letzten Aktion." Grimmig blickte Nick den anderen Mann an. "Bedank dich bei Duncan", meinte er dann nur. "Hey, Nick, er hat gedacht, dass wir in Schwierigkeiten stecken", versuchte Corin seinen Gesprächspartner zu beruhigen, doch der packte ihn mit einer Schnelligkeit am Hemdkragen, die selbst einer Froschzunge alle Ehre gemacht hätte. Während er den größeren Mann an die Wand hinter ihm zurückdrängte, stellte er mit wütender, aber leiser Stimme fest: "Vielleicht sollte ich uns dann demnächst den Rücken freihalten!"

Beschwichtigend hob Corin die Hände, als er antwortete: "Ist in Ordnung. Kein Problem." Nick ließ ihn los, genauso überraschend wie er ihn gepackt hatte und zog sein T-Shirt aus, das er auf das zerzauste Bett warf. "Und? Wo willst du hin?" Nicks Stimme klang nun wieder vollkommen normal und ruhig. Corin wusste, dass der junge Mann manchmal etwas schwierig zu handhaben war, aber dennoch war er die zuverlässigste Person, die er kannte. "Da wir es alle gerne warm mögen, hatte ich an L.A. gedacht", stellte er seinen Vorschlag vor. Verwundert wandte sich Nick von seiner Suche nach seinem schwarzen T-Shirt vom Vortag ab und sah Corin an. "Bist du wahnsinnig?" entfuhr es ihm. Am Blick seines Gegenübers konnte er feststellen, dass dieser nicht wusste, worauf er hinaus wollte. "Los Angeles?? Sag mal, weißt du eigentlich gar nichts?" regte er sich weiter auf. "Was sollte ich denn wissen?" fragte Corin unschuldig. Nick ging an ihm vorbei und versetzte ihm einen leichten Schlag an den Hinterkopf. "Vollidiot! Im FBI-Büro von L.A. arbeitet Don Eppes, da haben wir gar nichts mehr zu lachen."

Während er dies sagte, hob er das lange gesuchte T-Shirt vom Boden auf und zog es an. Ungläubig sah Corin ihn an. "Don Eppes? Der Don Eppes?" "Ja, genau der", antwortete Nick ihm mürrisch und musterte dabei genau das Gesicht seines Gesprächspartners. "Oh nein, Corin, jetzt sag nicht...", begann er, als er meinte die Miene lesen zu können. In jenem Moment wurde die Tür aufgerissen und Duncan kam herein. "Doch, hat er", sagte er lachend, während er langsam ein Stück um Corin herumschlich. Nick zog sich nachdenklich die rechte Hand unter der Nase her und schüttelte dann den Kopf. "Warum hast du die Jobs angenommen?" wollte er schließlich wissen. "Ist doch klar", sagte Duncan und sah Nick mit schief gelegtem Kopf an, "die bringen uns eine Menge Kohle ein. Und L.A. ist zudem auch noch eine schöne Stadt, wo man die Kohle wieder verjubeln kann." "Na klar, Duncan", entgegnete Nick gelassen, "wenn du deiner Kohle nicht im Knast hinterher trauerst." "Hey", wehrte sich der Angesprochene. "Jetzt bleibt doch mal ganz ruhig", begann Corin, um die Gemüter zu beruhigen, "eigentlich dachte ich, dass wir ein eingespieltes Team sind. Vielleicht sollten wir dem FBI in L.A. einfach mal die Grenzen aufzeigen, hm?" Nick drehte sich seufzend ab und suchte seine Sachen zusammen. "Na dann lasst uns hier verschwinden", murmelte er, als er sich zwischen den Beiden hindurch schob und den Raum verließ.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:09

Re: When nothing's as it seems...

Es waren inzwischen drei Wochen seit diesem merkwürdigen Traum vergangen und Don war gerade auf dem Weg zur Arbeit. Heute war er spät dran, da er etwas verschlafen auf seinem Sofa aufgewacht war. Die Straßen von L.A. konnten einem dem letzten Nerv rauben, gerade dann, wenn man es eilig hatte. Der Verkehr ging nur mühselig voran, so dass es nicht lange dauerte, bis Don endgültig stehen bleiben musste. Genervt drückte er auf die Hupe seines Wagens, doch auch das brachte nichts. Genau in jenem Moment machte sich sein Handy durch ein schrilles Klingeln bemerkbar. Ganz damit beschäftigt, die Ursache für den Stau herauszufinden, nahm er das Gerät von seinem Gürtel und klappte es auf. "Eppes", meldete er sich in leicht gereiztem Tonfall. "Don, ich bin es, Terry", vernahm er die ihm wohl bekannte Stimme vom anderen Ende der Leitung und seine Miene hellte sich ein wenig auf. "Terry, wenn du fragen willst, warum ich noch nicht da bin, dann sag ich dir jetzt, dass ich im Stau stehe", unterbrach er sie.

Inzwischen hatte er es aufgegeben nach der Ursache des Staus Ausschau zu halten und widmete sich nun ganz dem Telefonat. "Der Stau auf der Alley?" fragte Terry am anderen Ende. "Genau der", meinte Don mürrisch, "woher weißt du davon?" "Don", begann Terry lachend, "wir sind hier beim FBI. Wir haben eine Staumeldung wegen eines Unfalls für die Alley." "Gut, dass ich das jetzt erfahre", entgegnete Don genervt. "Es wird noch ein bisschen dauern, aber wenn du hier bist, kannst du dich gleich in einen neuen Fall stürzen", versuchte seine Partnerin ihn aufzubauen. Don seufzte. Er hatte genug von dem Gespräch. Warum hielten ihn bloß alle für einen Workaholic? Kopfschüttelnd antwortete er Terry nur: "Bis gleich." Er wartete die Antwort erst gar nicht mehr ab, als er sein Handy zu klappte und wieder an seinem Gürtel verstaute. Ein Hupen hinter ihm ließ ihn in den Rückspiegel sehen.

Dort stand eine alte klapprige Corvette, die Motorhaube bis zum Anschlag geöffnet. Ein Blick in den Seitenspiegel verriet ihm, dass es nicht das typische Filmszenario war, bei dem eine Frau mit einer gestellten Panne liegen blieb, denn er konnte sehen, wie ein Mann, altersmäßig Anfang dreißig, fluchend vor den Reifen trat. Don stellte fest, dass offenbar niemand bereit war, dem Liegengebliebenen zu helfen, daher prüfte er noch einmal den Sitz seiner Waffe, bevor er sich losschnallte und zum Türöffner griff. Nachdem er ausgestiegen war, knallte er laut die Tür zu und ging ans Heck seines eigenen Fahrzeuges. Von dort aus konnte er den Mann dabei beobachten, wie er nun verzweifelt im Motorraum an etwas schraubte. "Hey", rief Don von seiner Position aus, "kann ich Ihnen irgendwie helfen?" Der Angesprochene schreckte so sehr zusammen, dass er sich den Kopf an der aufgeklappten Motorhaube stieß, bevor er sich, mit einer Hand den Hinterkopf haltend, umdrehte. Die beiden Männer sahen sich an und Don bemerkte ein merkwürdiges Gefühl, als er in das ihm unbekannte Gesicht sah.

Es hatte etwas familiäres. Sein Gegenüber brach etwas verlegen die Stille: "Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie versuchen könnten, den Wagen anzuwerfen, während ich hier schraube." Don schüttelte leicht den Kopf, um die Gedanken, die durch seinen Kopf gingen, los zu werden. "Ja, kein Problem", begann er, "ist die Kiste verreckt?" "Ja, tut sie öfters", kam die Antwort aus dem Motorraum. Noch einmal musterte Don den schraubenden Mann und nahm dann Platz auf dem Fahrersitz, denn die Fahrertür stand weit offen. "Jetzt", rief der Unbekannte und Don drehte den Schlüssel. Es kam ein Husten, doch das war auch schon alles. Der FBI-Agent erhob sich und legte seine Arme auf die Tür. "Hören Sie, soll ich Sie ein Stück mitnehmen? Wir rufen einen Abschleppdienst und... " Der Mann lugte unter der Haube hervor und meinte sarkastisch: "Wohin wollen Sie mich denn mitnehmen?" Dabei deutete er mit seinen dreckigen Händen auf die ganzen Fahrzeuge vor ihnen. Don lächelte. Aus irgendeinem Grund hatte er den Stau schon wieder vergessen und entschuldigte sich daher: "Sorry, hab nicht mehr dran gedacht." Nach diesen Worten ließ er sich wieder auf dem Sitz nieder und musterte das Innere des Wagens.

Das Leder-Lenkrad sah abgegriffen aus und eine feine Staubschicht bedeckte das Armaturenbrett. Die Bedienelemente für die Heizung wirkten trotz allem fast wie neu, da sie in L.A. selten gebraucht wurden. Der Schacht für das Radio war leer, eine Tatsache, die Don stutzen ließ. Während sein Blick auf den Rückspiegel fiel, rief er nach draußen: "Hat man Ihnen kürzlich das Radio geklaut?" Über die Schraubgeräusche hinweg hörte er die Antwort: "Nein, ich hab den Wagen erst letzte Woche gekauft." Die Worte klingelten in seinen Ohren, als er das Ding, was unter dem Spiegel baumelte, näher betrachtete: eine Patrone. Alle Alarmglocken schrillten bei ihm los und er wollte aus dem Auto springen. Doch genau in jenem Moment berührte der Mann seine linke Schulter. "Hey, ist alles in Ordnung bei Ihnen?" kam die Nachfrage. Don schloss kurz die Augen und zwang sich, ruhig auszuatmen. "Ja, alles klar", antwortete er dann und sah dabei dem Unbekannten in die Augen.

Seine rechte Hand ruhte auf seiner Waffe, die er bereit war jeden Moment zu ziehen. Er konnte sehen, wie der Blick des Mannes zu eben jener Waffe ging. "Oh, Sie sind bei der Polizei?" Don bekam ein Nicken zustande. Der Unbekannte lächelte und begann eine Entschuldigung: "Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie noch mal versuchen könnten, den Wagen zu starten. Da eben keine Antwort kam, war ich etwas schockiert und wollte nachsehen, ob alles in Ordnung ist." Etwas erleichtert atmete Don auf, sagte aber nichts. Er nahm seine Rechte von der Waffe und drehte den Zündschlüssel. Der Wagen hustete, sprang aber glücklicherweise an. "Schaffen Sie es denn bis zu ihrem Zielort?" fragte er, nachdem er ausgestiegen war und zusah, wie der Mann die Motorhaube schloss. "Ich denke doch", entgegnete dieser, "wie kann ich Ihnen jemals für Ihre Hilfe danken? Wie wäre es mit einem Kaffee?" Aufmerksam beobachtete Don den Unbekannten, der ihn erwartungsvoll ansah. "Vielleicht später mal", antwortete er und verabschiedete sich. Der Mann nickte, stieg in seinen Wagen und schloss die Tür. Don wandte sich ab, stieg selbst ein und hoffte, dass der Stau sich bald auflösen würde.



Als Don endlich sein Büro betrat, folgte ihm Terry schon auf den Fuß. Sie hatte eine Akte in der Hand, die sie ihm auf den Tisch legte. Don schwang sein Jackett über den Stuhl und ließ sich mit einem Seufzen in eben jenen fallen. "Alles klar?" fragte seine Partnerin neugierig. "Außer dass ich Männern mit langen Haaren und Patronen am Spiegel dabei helfe, im Stau ihre Autos zu reparieren, ist alles bestens", antwortete er ihr mit einem gestellten Grinsen. Terry sah ihn nur kopfschüttelnd an und verließ dann sein Büro. "Danke fürs Tür schließen", rief Don ihr hinterher, stand auf und rammte die Glastür ins Schloss. Nachdem er sich wieder gesetzt hatte, lehnte er sich erst einen Moment zurück und beobachtete seine Mitarbeiter mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und auf dem Tisch ruhenden Beinen. Nach ein paar Minuten lehnte er sich leicht nach vorn und ergriff die Akte. Während er sich zurück sinken ließ, klappte er den Pappordner auf. "Die Blackmate Brothers", murmelte er, als er die ersten Bilder betrachtete. "Aber die sind doch momentan in Phönix aktiv?" wunderte er sich als nächstes laut. In Gedanken begann er mit dem Stuhl zu wippen. Als er das nächste Bild aufschlug, kippte er fast mit dem Stuhl hinten über vor Schreck. "Moment mal", rief er schockiert und sprang auf. "Terry!" brüllte er, noch bevor er die Akte auf seinem Tisch abgelegt und die Tür seines Büros geöffnet hatte.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:09

Re: When nothing's as it seems...

Nick hielt vor einem alten Haus am Rande von Los Angeles an, öffnete die Tür seiner Corvette und stieg fluchend aus. "Verfluchte rostige Karre", brüllte er das Fahrzeug an und knallte die Tür zu. Mit einem Tritt vor den linken Vorderreifen verabschiedete er sich von dem Auto, umrundete die Motorhaube und sprang schwungvoll die Treppe zum Hauseingang hinauf. Da die Tür nicht abgeschlossen war, riss er sie mit grimmigem Gesichtsausdruck ohne Vorwarnung auf und warf sie laut ins Schloss, nachdem er den Flur betreten hatte. Links von ihm befand sich die Küche, durch deren offene Tür er das gestapelte Geschirr auf der Spüle sehen konnte.

"Corin!" rief er erbost als er auf dem Flur verharrte, doch es blieb still. Ein leichter Schmerz zog sich durch seinen Kopf, direkt über dem linken Ohr. Nick wusste, dass dies die Ankündigung für seine typischen Kopfschmerzen waren. Nun total in Rage wurde sein Ton noch lauter, als er schrie: "Blackmate!" Immer noch nichts. Langsam kam ihm in den Sinn, dass wohl niemand zuhause war. Daher ging Nick an der Tür zu seiner Rechten vorbei, hinter der sich eine Toilette verbarg, und betrat ein riesiges Wohnzimmer, aus welchem man eine Treppe nach oben zu den Schlafräumen und einem Bad begehen konnte. Das Haus war alt und daher billig zu mieten gewesen. Es bot ausreichend Platz für die drei Neumieter. Seufzend machte sich Nick auf den Weg in sein Zimmer, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass auch unten niemand anwesend war. Die Treppe knarrte unter jedem einzelnen seiner Schritte, doch Nick ließ sich von so etwas nie beeindrucken. Langsam flachte nun auch seine Wut ab und als er über den mit Teppich bedeckten Holzflur zu seinem Zimmer ging, wusste er zu gut, dass seine Kopfschmerzen nicht mehr lange auf sich warten lassen würden.

Vorsichtig öffnete er die gewaltige Massivholztür aus dunkel gestrichenem Mahagoni, verweilte kurz unter dem Türrahmen, um dann doch das Zimmer zu betreten. Hinter sich schloss er die Tür und sah sich kurz um. Er stand auf einem zwei Meter freien Streifen des hellen Teppichbodens, auf dem sich aufgrund des hohen Alters schon zahlreiche Flecken gebildet hatten. Direkt vor ihm befand sich sein Bett, mit der seitlichen Bettkante zu ihm gerichtet. Von der Tür aus konnte Nick nun direkt aus einem alten Fenster sehen, vor dem zwar eine dünne Gardine hing, dies aber schief, da sich die Halterungen aus der Decke lösten. Am Fußende des Bettes war ein schmaler Durchgang zwischen dem Bett und einem Kleiderschrank, damit man das Fenster auch erreichen konnte, ohne über das Bett klettern zu müssen. Die einzige Lampe stand neben dem Kopfende des Schlafplatzes auf der Erde, und verschwand hinter der Zimmertür, wenn man diese öffnete. Nick setzte sich auf die Bettkante und blickte zur Tür.

Ob irgendwo in der Küche noch eine Aspirin zu finden war? Nein, das brachte sowieso nichts, dass wusste er. Und schon wurde der Schmerz über seinem linken Ohr stärker. Er presste verzweifelt seine linke Hand auf sein Ohr, doch es half nicht. Noch bevor er sich richtig hinlegen konnte, wurden die Schmerzen so stark, dass er die Augen nach hinten verdrehte und bewusstlos zur Seite auf das Bett kippte.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:10

Re: When nothing's as it seems...

Terry schreckte in ihrem Stuhl zusammen, als Don ihr die Akte auf den Tisch knallte, rollte ein Stück vom Tisch zurück und sah ihren Partner überrascht an. "Was ist denn?" fragte sie verwirrt. "Woher sind die Fotos?" wollte Don stattdessen wissen. "Das steht doch da", antwortete die FBI-Agentin und zeigte mit ihrem rechten Zeigefinger auf die Akte. Don stand vor ihr und stemmte nun die Hände in die Hüften. "Weißt du eigentlich, dass der Kerl auf dem dritten Foto, genau der Typ ist, dem ich heute morgen mit seinem Wagen geholfen hab?" regte er sich leise auf. "Was?" bekam Terry nur ungläubig heraus. Sie blinzelte ein paar Mal zwischen Don und der Akte hin und her, bevor sie nach dem Pappordner griff und besagtes Bild aufschlug. "Was wissen wir über ihn?" kam sofort die nächste Frage von Don, der zwar etwas verärgert war, aber voll in seinem Element: der Verbrecherjagd.

"Nun", begann Terry ihren Bericht und nahm zielsicher einen Zettel mit Notizen von ihrem Tisch, "wir haben die Aufnahme durch den Computer gejagt. Im ersten groben Test ist nichts dabei herausgekommen. Zur Zeit läuft die genauere Überprüfung, aber es deutet sich an, dass auch dort nichts zu finden sein wird. Wir haben einzig und allein die Aufnahme hier." Mit enttäuschtem Blick sah sie ihren Vorgesetzten an, der bereits in Gedanken nach weiteren Möglichkeiten einer Identifizierung suchte. Nachdenklich rieb sich Don das Kinn. "Haben wir Fingerabdrücke?" "Nein", entgegnete Terry, die inzwischen nervös auf ihrem Stuhl hin und her rutschte, "aber vielleicht bringt uns ja deine Beschreibung von ihm weiter." Die beiden FBI-Agenten sahen sich kurz an, bevor Don antwortete: "Lass mich überlegen. Der Typ war ungefähr so groß wie ich. Altersmäßig würde ich ihn auf Anfang Dreißig schätzen. Er hatte dunkle lange Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden waren und braune Augen. Kleidungsmäßig trug er eine hellblaue Jeans und ein weißes T-Shirt, dazu Turnschuhe. Mir ist nichts außergewöhnliches an ihm aufgefallen, außer das mir sein Gesicht irgendwas gesagt hat."

Kopfschüttelnd versuchte Don sich das Bild des Mannes vor seinem inneren Auge vorzustellen. Terry beobachtete ihn dabei genau. Don fuhr sich seufzend mit der Hand durch die Haare, dann griff er nach einem der freien Stühle, die an benachbarten Schreibtischen standen, und setzte sich, Lehne nach vorne, direkt vor seine Partnerin. Sie ergriff leise das Wort: "Vielleicht sollten wir die Führerscheine alle durchgehen." "Ich glaube kaum, dass uns das weiterbringt", entgegnete Don, "die Blackmates haben ihn vermutlich aus Phönix mitgebracht." "Du kennst die Brüder?" kam die verunsicherte Frage von Terry, auf die Don antwortete: "Ja. Ich hab die beiden schon mal in den Knast gesteckt, wegen eines Banküberfalls. Das war aber noch vor meiner Zeit hier in L.A.. Sie sind ziemlich glimpflich davon gekommen und haben dann, nachdem sie wieder draußen waren, ihre Zelte in Phönix aufgeschlagen. Deswegen wundert mich, dass es sie plötzlich hierher verschlägt. Und neu ist für mich auch, dass sie ein drittes Mitglied in ihrer Gang haben."

"Mich würde eher interessieren, was sie als Nächstes vorhaben", merkte Terry an. Don nahm ihr die immer noch aufgeschlagene Akte aus der Hand und überflog blätternd die bisher in L.A. verzeichneten Verbrechen der Truppe. "Hmm, ein paar Raubüberfälle... mal hier, mal da...", dachte er laut nach, "... ich werde Charlie fragen." Nach diesen Worten stand er auf, schob den Stuhl wieder auf seinen angestammten Platz, klappte die Akte zu und ging zurück in sein Büro. Er schloss die Tür und setzte sich an seinen Tisch. Entschlossen schlug er das Bild des Unbekannten wieder auf und griff zum Telefon.

"Eppes", meldete sich Charlie auf den Anruf, nachdem er den Hörer abgenommen hatte. "Charlie? Ich bin es, Don", kam ihm von der anderen Seite entgegen. "Ist was?" fragte der Lockenkopf. "Ich könnte deine Hilfe bei einem Fall gebrauchen", sagte Don am anderen Ende der Leitung. "Und was soll ich tun?" wollte der Mathematiker wissen, dessen Lippen nun von einem Lächeln umspielt wurden. Zu gerne half er seinem großen Bruder und hoffte, damit seine Anerkennung zu verdienen. "Es wäre klasse, wenn du ins Büro kommen könntest, ich...", begann Don, wurde dann aber von seinem Bruder unterbrochen: "Du weißt, dass ich noch ein paar Klassen hab, vorher schaffe ich es auf keinen Fall." Darauf entgegnete der FBI-Agent: "Ist schon in Ordnung, wir lassen gerade eh noch eine Überprüfung durchlaufen." "Dann bis später", verabschiedeten sich die beiden Brüder voneinander und legten auf.

Don brütete nun schon seit Stunden über der Akte und versuchte, die Informationen so zu ordnen, dass sie ihn weiterbrachten. Terry stand an der großen Tafel in seinem Büro und schrieb alles an, was er feststellte. Gedankenverloren griff er zu seinem Handy an seinem Gürtel, als es klingelte. "Eppes", meldete er sich wie immer. Terry klickte gerade den roten Filzstift zu, als sie sah, wie sich Don mit einem irritierten Gesichtsausdruck zu ihr umdrehte. Er nahm das Handy vom Ohr und stellte den kleinen Lautsprecher des Mobilgerätes ein. "Wer sind Sie?" fragte Don laut. "Das tut nichts zur Sache, Eppes. Es reicht doch, wenn ich weiß, wer Sie sind, oder?" kam die provokante Frage am anderen Ende. "Ich spreche nicht weiter mit Ihnen, wenn Sie mir nicht Ihren Namen verraten", forderte Don seinen Gesprächspartner auf. "Na na na, so läuft das Spielchen nicht", quäkte es aus dem Lautsprecher, "ich möchte mich Ihnen lieber persönlich vorstellen." Terry schüttelte den Kopf und sah Don dabei an. "Meinetwegen, wo?" seufzte Don. "Hören Sie, Eppes, ich lasse mich nicht von Ihnen verarschen. Ich will, dass Sie alleine kommen. Sie können ruhig Agenten rund um den Treffpunkt aufstellen, dass macht mir nichts. Aber Sie werden Ihren Leuten sagen, dass Sie nicht eingreifen sollen, okay? Das sind meine Bedingungen: ich will nur mit Ihnen reden, ohne Verkabelung und ohne Abhören. Ihre Waffe können Sie ruhig mitbringen." Eine kurze Pause entstand, als die beiden FBI-Agenten sich fragend ansahen. "Also entweder sind Sie lebensmüde oder Sie haben irgendwas vor", mutmaßte Don laut. Der Mann am anderen Ende blieb kühl: "Ich spreche mit Ihnen, obwohl mich niemand dazu aufgefordert hat. Ich tue es aus dem einfach Grund, weil ich es will. Aber ich möchte mit Ihnen unter vier Augen reden können. Verstehen Sie das? Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich am Treffpunkt allein und unbewaffnet erscheinen werde. Und ich erwarte als Gegenleistung, dass Sie mich nicht einsacken. Ist das zu viel verlangt?" "Warum sollte ich Ihnen trauen?" war die logische Frage von Don, die sich daraus ergab. "Nun, entweder Sie vertrauen mir oder Sie lassen es bleiben. Mehr als anbieten kann ich es nicht." Die Antwort klang ehrlich.

"Mal angenommen, ich würde mich darauf einlassen", begann der FBI-Agent nachdenklich, "was können Sie mir an Informationen bieten?" Terry versuchte, sich jedes Wort des Gesprächs zu merken und gleichzeitig anhand der Stimme eine psychologische Analyse aufzustellen. Die Antwort des unbekannten Anrufers war kurz: "Blackmate." Don und Terry sahen sich schweigend ein weiteres Mal an. "Ich kann ihnen die Truppe ans Messer liefern", hörten sie es aus dem Lautsprecher quaken. Terry nickte Don zu und dieser entgegnete: "Okay, wann soll ich wo sein?" "Café-Bar 'Brazil', in einer Stunde." Das Klicken verriet, dass aufgelegt worden war. "Don?" fragte Terry verunsichert, als sich ihr Partner von seinem Stuhl erhob, das Handy zuklappte und es wieder an seinen Gürtel packte. Aus den Gedanken gerissen, sah er sie an. "Was hast du jetzt vor?" wollte sie schließlich wissen, als er sich zur Tür drehte. "Ich werde dort sein", antwortete er ihr, ohne sich umzudrehen. Terry sah ihm seufzend hinterher, während er den Raum verließ und sich neben David auf einen Stuhl setzte. Sie konnte sehen, dass er irgendetwas erklärte, daher stand sie auf und gesellte sich zu den beiden Diskutierenden. "Du willst dich wirklich darauf einlassen?" fragte David verzweifelt. "Nun", begann Don schulterzuckend, "er hat mir alle Möglichkeiten offen gelassen. Ich darf mit Waffe und mit Agentenunterstützung erscheinen. Er hat schon gesagt, dass er allein und ohne Waffe auftaucht, also wo ist das Problem?" "Vielleicht sehe ich ein Problem darin, dass es eine Falle sein könnte?" merkte David an und musterte Don ganz genau. "Vielleicht ist es eine Falle", meinte Don und erhob sich wieder von seinem Stuhl, "aber ich denke, das Risiko ist es wert."

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:10

Re: When nothing's as it seems...

Die Café-Bar 'Brazil' lag in der Nähe des Zentrums von L.A.. Das Gebäude war einige Stockwerke hoch, doch das Café war im Erdgeschoss beheimatet. Auf dem breiten Bürgersteig vor dem Gebäude standen einige Tische und Stühle, sowie ein paar zusammengeklappte Sonnenschirme, die bei Bedarf von den Besuchern per Knopfdruck vom Tisch aus geöffnet werden konnten. Es handelte sich um eine sehr modern eingerichtete Bar, an der man fast alles bekam, was es an Getränken auf der Welt gab: Kaffee, Cappuccino, Bier, Tee, Wodka, Longdrinks, Cola, Wasser... Die Liste der auf der Getränkekarte verzeichneten Flüssigkeiten war also lang. Da das Café gegenüber von einem großen Park lag, stand die meiste Zeit des Tages die Sonne mit ihrer wohltuenden Wärme auf den Sitzgelegenheiten und verbreitete sommerliches Flair.

Der Park wurde durch eine breite, mehrspurige Strasse vom Café getrennt, an deren Seiten für Autos die Möglichkeit bestand, zu parken. Die Tische waren so aufgestellt, dass man entweder die Strasse rauf oder runter sah. Um den Park zu sehen, musste man seinen Stuhl um neunzig Grad versetzen oder aber den Kopf in die entsprechende Richtung drehen. Im Park selbst, herrschte ein reges Treiben. Die Bänke, die in regelmäßigen Abständen aufgestellt waren, wurden allesamt von verschiedenen Menschen bevölkert. Auch der Brunnen, der sich direkt gegenüber des Cafés befand, war mit Menschen übersät, die sich einen Sitzplatz am Rand gesucht hatten und sich die Sonne auf den Pelz scheinen ließen. Mit einem letzten prüfenden Blick auf die Uhr lehnte Nick in einer Telefonzelle, keine fünfhundert Meter von der Bar entfernt. Sein Gespräch hatte er gerade beendet und eine lästige junge Dame, die unbedingt telefonieren wollte, fuhr ihn an: "Können Sie sich nicht ein bisschen beeilen?" Mit schief gelegtem Kopf wandte er sich ihr zu und musterte sie durch seine Sonnenbrille. "Ma'am, tut mir leid, wenn ich Ihnen das jetzt sage, aber wären Sie etwas freundlicher, dann ginge das auch schneller." Nick liebte es manchmal, andere Leute zu provozieren. Dazu musste man ihnen einfach seine Meinung ins Gesicht zu sagen. Am Gesichtsausdruck der Frau konnte er erkennen, dass er ins Schwarze getroffen hatte und das Grinsen, das seine Lippen umspielte, brachte sie in Rage. "Was fällt Ihnen ein...", begann sie, wurde jedoch von ihrem Gegenüber unterbrochen. Während Nick sich neben die Telefonzelle begab, sagte er mit einem schelmischen Lächeln: "Wenn Sie sich die Diskussion sparen würden, könnten Sie schon längst mit jemandem sprechen. Die Telefonzelle ist frei, wie Sie sehen. Aber scheinbar war Ihr Telefonat nicht so wichtig." Die junge Frau schnaubte einmal verächtlich und griff zum Hörer. Nick wandte sich lachend ab und ging nun die Strasse hinunter.

Seinen Wagen hatte er zwei Blocks weiter am Strassenrand geparkt. Etwas unschlüssig sah er wieder auf seine schwarze Armbanduhr, während er langsam weiterging. Sollte er den Wagen umsetzen, um ihn etwas näher bei sich zu haben? Doch er entschloss sich kopfschüttelnd dagegen. Sein Lächeln von der kurzen Unterhaltung war inzwischen verschwunden. Nachdenklich blieb er am Bürgersteigrand stehen. Er fuhr sich mit der rechten Hand durchs Gesicht und betrachtete den Park. Dann ging sein Blick weiter nach oben und er drehte sich ein paar mal um. Sein Augenmerk galt dabei den hohen Häusern. Dann wieder ein Blick auf die Uhr. "Noch zweiundfünfzig Minuten", murmelte er leise. Seufzend sah er sich noch einmal um. Die Gebäude, die ihn und den Park umringten waren allesamt sehr hoch. Zu hoch, um vernünftig vom Dach aus herunterzuschauen und sich einen Überblick zu verschaffen. Die widrigen Bedingungen waren für Nick allerdings nichts Neues. Beim genaueren Hingucken entdeckte er dann aber doch noch einen Aussichtspunkt. Da es sich bei den Gebäuden zum größten Teil um Geschäfts- und Bürohäuser handelte, befanden sich sehr viele Fenster an den Fronten. Mit einem wiederkehrenden Lächeln murmelte Nick in sich hinein: "Die Fenster wollen geputzt werden. Perfekt."

Im leichten Laufschritt machte er sich auf den Weg zu seinem Wagen. Dort angekommen, schloss er den verbeulten Kofferraum auf und öffnete einen Rucksack, der neben einem großen rechteckigen Koffer lag. Nach kurzem Wühlen fand er endlich, was er suchte: ein Fernglas. Mit seiner Linken nahm er das Fernglas und warf einen letzten kritischen Blick auf den geöffneten Rucksack, bevor er mit seiner rechten Hand die Kofferraumklappe zuwarf. Mit schnellen Schritten ging er zurück zum Park. Der erneute Blick auf die Uhr verriet ihm, dass ihm nun nicht mehr als siebenunddreißig Minuten übrig blieben. Zielsicher betrat er einen Aufzug, der an einem der hohen Häuser angebracht worden war, um von außen die Fenster putzen zu können. Es war nicht das erste Mal, dass er ein solches Gerät bedienen musste, daher befand er sich schnell auf dem Weg nach oben. Als er glaubte, ausreichend Höhe zu haben, stoppte er den Aufzug, nahm sein Fernglas und beobachtete die Umgebung.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:10

Re: When nothing's as it seems...

"Du denkst doch wohl nicht ernsthaft darüber nach, den Kerl laufen zu lassen", empörte sich Terry, die mit Don in einem Wagen saß. Sie diskutierten nun schon seitdem sie losgefahren waren. Dons Wagen folgten drei weitere mit insgesamt neun weiteren FBI-Beamten. "Terry, wir sind mit insgesamt zehn Leuten da. Wenn sich was ergeben sollte, können wir ihn immer noch dingfest machen", versuchte Don zu erklären. "Der Kerl könnte weiß der Himmel was mit dir anstellen!" regte sich seine Partnerin weiter auf. Don seufzte und versuchte sie zu beruhigen: "Bitte, Terry. Ich hab da so ein Gefühl, das mir sagt, dass wir ihm trauen können. Frag mich nicht warum, aber ich halte ihn keineswegs für so bedrohlich." "Dann lass uns wenigstens euer Gespräch abhören und aufzeichnen", bat sie als Antwort. "Ich halte das für keine gute Idee", stellte Don fest. Terry rollte mit den Augen. "Was ist denn so schlimm daran?" wollte sie schließlich wissen. Nun war es an Don, sich aufzuregen: "Hast du nicht gehört, was er gesagt hat? Kein Abhören! Wir werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Ton aus ihm herausbekommen, wenn er es merkt. Und davon haben wir nichts, Terry. Er ist bereit, uns freiwillig Informationen zu geben. Das Einzige, was er verlangt, ist ein bisschen Vertrauen. Und ich glaube, genau das sollten wir ihm auch entgegen bringen." "Wie kannst du dir nur so sicher sein, dass er uns auch wirklich Informationen gibt und nicht einfach nur dich aus dem Weg haben will?"

Die Diskussion wurde nun lauter, doch Don riss sich nun zusammen und sah Terry eindringlich an, als sie an einer Ampel standen. Er brach die kurze Stille nur mit leiser Stimme: "Vertrau mir einfach, okay?" Seufzend nickte Terry. Die beiden Kollegen verband mehr, als nur die Arbeit und in letzter Zeit kam es häufiger dazu, dass sie lautstark diskutierten. Es war einfach so, dass Terry den Abstand zwischen ihnen nicht mehr einhalten konnte und sich zu sehr darauf fixierte, jedesmal in Sorge zu geraten, wenn es etwas brenzliger wurde. Don seinerseits bemerkte dies kaum, denn er war einfach immer zu sehr mit seiner Arbeit beschäftigt. Er wusste, dass dieses Treffen ein großes Risiko war und dass ihm selbst seine Waffe nicht helfen konnte, wenn er nicht aufmerksam war. Dennoch glaubte er an das, was ihm der unbekannte Anrufer gesagt hatte. Das Gespräch hallte in seinem Kopf: "Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich am Treffpunkt allein und unbewaffnet erscheinen werde." Wie viel war das Wort dieses Mannes wert? Sein Gefühl gab ihm zu verstehen, dass er das Richtige tat. Trotzdem blieb ihm schleierhaft, warum dieser Mann unbedingt mit ihm unter vier Augen sprechen wollte. In Gedanken versunken, fuhr er weiter. Die Zeit würde knapp werden, um noch alle Agenten in vernünftige Positionen zu bringen. "Okay, Terry. Wir schneiden mit." Überrascht sah die Angesprochene ihren Partner an. "Warum der Sinneswandel?" fragte sie irritiert. Schulterzuckend kam die Antwort: "Man weiß ja nie."

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:11

Re: When nothing's as it seems...

Nick hatte in der Zwischenzeit an einem der Tische der Café-Bar 'Brazil' Platz genommen. Den Stuhl empfand er als unbequem, da es sich um einen dunklen hölzernen Klappstuhl handelte. Der Tisch vor ihm war aus dem gleichen Holz, in der gleichen Farbe. Die Ritzen zwischen den einzelnen Holzlatten erschwerten es einem, irgendetwas gerade darauf abzustellen. Die Bedienung hatte den neuen Gast bemerkt und kam mit einem freundlichen Lächeln auf ihn zu. "Was darf es sein?" fragte sie wie einstudiert. "Ein Glas Wasser, bitte", antwortete Nick, der trotz der Sonnenbrille blinzeln musste. "Mit oder ohne...", begann die Kellnerin und wurde prompt von ihrem Gegenüber unterbrochen: "Ohne, wenn es geht." "Natürlich, kein Problem." Sie lächelte den Mann an und er erwiderte das Lächeln höflich. Einen Moment verharrte sie unschlüssig vor ihm, bevor ihr in den Sinn kam, was sie zu tun hatte. "Sonst noch etwas?" fragte sie nun. Nick schüttelte den Kopf: "Nein, danke." Die Bedienung wandte sich ab und machte sich auf, um das Bestellte zu holen. Die Beine ausstreckend, lehnte Nick sich mit verschränkten Armen zurück. Ihm war bewusst, dass er ein großes Risiko einging, aber er hatte keine andere Wahl. Wie sollte er sonst das FBI davon überzeugen, dass er es ernst meinte mit seiner Hilfe.

Das Fernglas hatte er zum Auto zurückgebracht, bevor er sich ins Café gesetzt hatte. Dabei war sein Blick an dem großen Koffer hängen geblieben. Er fragte sich inständig, ob es eine gute Idee war, wirklich keine Waffe bei sich zu haben. Aber er hatte am Telefon sein Wort gegeben und dazu stand er auch. Es war nicht die Angst, dass man ihn festnehmen oder niederschießen könnte, die ihm zu schaffen machte. Er hoffte, dass man ihm glauben würde. Leicht zusammenzuckend registrierte er, dass die Bedienung in jenem Moment sein Glas auf dem Tisch abgestellt hatte. "Danke", brachte er lächelnd hervor und betrachtete ihr Gesicht. Sie nannte ihm, ebenfalls lächelnd den Preis. Zielsicher griff Nick in seine linke Hosentasche und beförderte mit seiner linken Hand etwas Kleingeld hervor. Er warf nur einen groben Blick darüber und fasste mit seiner Rechten locker ihre rechte Hand. Gefühlvoll drehte er sie, um das Geld in die nun geöffnete Hand zu legen. Die Kellnerin bedachte ihn mit einem überraschten Blick. "Stimmt so", sagte er ruhig und schloss mit seiner nun freien Linken ihre Hand. Danach ließ er sie los und die Frau wandelte wie in Trance wieder in das Gebäude zurück.

Nick blickte auf die Uhr. Es waren noch gute zehn Minuten bis zum Treffen. Unbeteiligt beobachtete er das Treiben um ihn herum. Menschen, die langsam durch den Park spazierten oder in ihrem Geschäftswahn vorbei rasten. Während er sich in seinem schwarzen ärmellosen T-Shirt entspannte, wärmte ihn die Sonne. Es war ein Fehler zu Relaxen, dass wusste er, als sich über seinem linken Ohr wieder die üblichen Kopfschmerzen anmeldeten. Daher entsann er sich, die Umgebung genauer unter die Lupe zu nehmen. Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und beschäftigte sich damit, auffällige Leute ausfindig zu machen. Nach fünf Minuten tauchte ein merkwürdiges Pärchen auf. Er wusste sofort, dass sein Gesprächspartner nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Lächelnd beobachtete Nick, wie sich die kleine Frau zusammen mit ihrem dunkelhäutigen Begleiter auf eine Bank, etwa fünfzig Meter entfernt setzte, die gerade frei geworden war. Sein Plan sah vor, dass er einen Moment lang seine Zielperson beobachten würde, bevor er sich zu erkennen gab. Bei seiner weiteren Beobachtung stellte er fest, dass insgesamt zehn auffällige Personen aufgetaucht waren, die seiner Meinung nach zum FBI gehören mussten. Er behielt jedoch im Hinterkopf, dass er vielleicht den einen oder anderen übersehen haben mochte. Aber was störte es ihn? Wenn alles so lief, wie abgesprochen, würde die Unterhaltung ohne große Komplikationen über die Bühne gehen und anschließend würden Beide das Café unversehrt verlassen. Nick schloss die Augen und ließ die Zeit verstreichen. Nur noch ein paar Minuten und es wäre soweit.

Plötzlich nahm ihm ein dunkler Schatten die Sonne. Überrascht öffnete er die Augen und betrachtete verblüfft sein Gegenüber durch die Sonnenbrille. "Blackmate?" fragte Don mit einem scheinheiligen Grinsen, denn er konnte die Überraschung auf dem Gesicht des Mannes erkennen. Verwirrt ging Nicks Blick zu seiner Uhr. "Sie sind zwei Minuten zu früh", stellte er fest, während sich der FBI-Agent setzte. "Besser zu früh als zu spät, oder?" entgegnete Don, "immerhin sind Sie auch schon hier." Langsam fing sein Gesprächspartner sich wieder. "Nochmals danke für Ihre Hilfe heute morgen beim Wagen", meinte Nick, nun wieder ganz kühl, wie ein Profi. Er beobachtete Dons Miene und so musterten sich beide schweigend. Don fiel sofort die Tätowierung an Nicks rechtem Oberarm auf und er hoffte, dass einer seiner Leute ein brauchbares Bild davon machte. Das Tattoo zeigte ein auf den Hinterbeinen aufgerichtetes Pferd, das mit Flügeln und einem Horn versehen war. Eine Mischung aus Pegasus und Einhorn. In dem Wissen, dass seine Begleitung jedes Wort hören konnte, begann Don schließlich das Gespräch: "Da Sie wissen, wer ich bin, möchte ich gerne auch Ihren Namen wissen." "Oh nein, Eppes, darauf falle ich nicht rein. Nennen Sie mich einfach Nick", antwortete sein Gegenüber auf die Frage, "halten Sie mich für einen Anfänger?" Don schüttelte den Kopf. "Nein, ganz und gar nicht. Aber Sie müssen wissen, dass dieses Treffen sehr ungewöhnlich ist. Haben Sie wirklich keine Waffe dabei?" "Prüfen Sie es doch", meinte Nick und stand mit erhobenen Händen auf.

"Don, das ist die Gelegenheit", hörte Don Terry in seinem Ohr, als er aufstand und Nick von oben bis unten filzte. Zufrieden setzte sich der FBI-Agent wieder und sah den immer noch Stehenden erwartungsvoll an. "Ich hab Ihnen mein Wort darauf gegeben", beantwortete dieser die ungestellte Frage und setzte sich ebenfalls wieder. "Was wollen Sie?" fragte Don, als er sich im Stuhl zurücklehnte. Er entspannte sich ein wenig, denn er fühlte sich nun sicherer. Nick griff nach seinem Glas und nahm einen Schluck von seinem Wasser. Während er antwortete, setzte er das Glas wieder auf dem Tisch ab: "Darüber können wir zu einem späteren Zeitpunkt reden." Der bisherige Verlauf ging ihm gegen den Strich, denn Nick bemerkte das Misstrauen ihm gegenüber. Wieder musterte er Don, der etwas nervös wirkte. Beide schwiegen, als die Bedienung zum Tisch kam, um Dons Bestellung aufzunehmen. Doch er sagte nichts. "Bitte bringen Sie meinem Freund einen Kaffee", übernahm Nick den Part, ohne den Blick von Don zu wenden. Nickend machte sich die Kellnerin auf den Rückweg, stolperte aber über die auf dem Boden abgestellte Tasche eines Gastes. Sie konnte sich gerade noch am Tisch festkrallen, um nicht auf den Boden zu knallen. Erschrocken brach Don den Blickkontakt zu Nick ab und sah zu der Frau herüber. Sein Gegenüber beachtete die Szene gar nicht und konnte daher ein dünnes Kabel an Dons Hemdkragen erkennen, als der den Kopf drehte. Der FBI-Agent erhaschte nur noch kurz den erbosten Blick seines Gesprächspartners. Als Don zu seiner Waffe greifen wollte, war Nick schon aufgesprungen. In Sekundenbruchteilen hatte er die Waffe des FBI-Beamten aus dem Holster gerissen und ihn am Kragen gepackt. Schockiert sah Don in den Lauf seiner eigenen Pistole und verfluchte sich selbst in Gedanken. Hätte er sich doch bloß nicht ablenken lassen. Mit sicheren Handgriffen riss Nick nun die Kabel ab, um eine weitere Übertragung zu verhindern. "Ich hab doch gesagt, ohne Abhören", fuhr er durch zusammengebissene Zähne Don an. Wortlos starrte dieser immer noch auf den Lauf der Waffe direkt vor seinem Gesicht. Die anderen Gäste des Cafés beobachteten erstarrt die Szene. Inzwischen kamen auch die zehn FBI-Agenten mit gezogenen Waffen auf die Beiden zu gerannt.

Nachdem Nick die Kabel gekappt hatte, zog er Don unwirsch zu sich. Dann drehte er ihn so, dass er ihn von hinten packen konnte und legte den linken Arm um seinen Hals, während er mit der Waffe in seiner Rechten auf die anderen Beamten zielte. Er nahm David ins Visier, entschied sich dann aber, Don die Pistole an die Schläfe zu halten. "FBI! Waffe fallen lassen", brüllte Terry ihn an, als die Agenten nur noch zehn Meter entfernt waren. Don konnte den Herzschlag seines Geiselnehmers spüren, er war vollkommen ruhig und gleichmäßig. Nick war ein Vollprofi, wie Don verbittert feststellte. Dementsprechend ruhig war auch die Antwort, die Terry auf ihre Forderung bekam: "Eine falsche Bewegung und der Wind pfeift durch seinen Kopf." "Lassen Sie die Waffe fallen!" brüllte Terry nun total in Rage. "Hören Sie, der Einzige, der hier Forderungen stellen kann, bin ich", entgegnete Nick, "und das heißt, dass wir beide hier jetzt um die Häuserecke hinter mir gehen werden, ohne dass sich einer bewegt." Don nickte Terry zu, dass sie seine Anweisungen befolgen sollte. Vorsichtig zog Nick seine Geisel rückwärts, ließ die Waffe an Dons Kopf und beobachtete die Agenten vor ihm, die allesamt wie angewurzelt stehen blieben. Sie entfernten sich immer mehr, als Don leise zu seinem Geiselnehmer sagte: "Hören Sie, Nick, es tut mir leid." Die Beiden gingen weiter rückwärts während der Unterhaltung. "Dafür ist es jetzt ein wenig spät", flüsterte Nick in Dons Ohr.

Gespannt beobachteten Passanten die Szene. Die FBI-Agenten blieben an Ort und Stelle, doch Terry gab schon diverse Anweisungen, was zu tun war, sobald Nick sie nicht mehr sehen konnte. Langsam aber sicher kam die Hausecke immer näher. Nick wunderte sich etwas, hatte er sich doch verschätzt, was die Entfernung anging. Er hatte mit einem wesentlich kürzeren Weg gerechnet. Es sollte ihm Recht sein, denn der längere Weg gab ihm etwas mehr Zeit.

Zusammen bogen Don und er, um die Ecke, was die FBI-Agenten veranlasste, in zwei Richtungen auszuschwärmen. Nick nahm die Waffe runter, schob sie in Dons Holster und schubste den FBI-Beamten von sich weg. Don war viel zu perplex, um zu reagieren. Unterdessen hatte sich Nick rennend auf den Weg gemacht, die Strasse zu überqueren. Als Terry ihren Partner erreichte, blieb sie bei ihm stehen. "Ist alles in Ordnung?" fragte sie etwas ausser Atem und legte dabei ihre rechte Hand auf Dons rechten Arm. "Ich bin okay", bekam sie als Antwort, wenn auch etwas verwirrt. "Lass ihn laufen." Terrys Augen suchten die ihres Gegenübers. "Bist du verrückt?" wollte sie erstaunt wissen. Don wollte ihr antworten, doch sie hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. "David?", fragte sie in das Mikrofon und presste mit ihrer Linken den Knopf weiter in ihr Ohr, um über den Lärm der vorbei rauschenden Autos besser verstehen zu können. "Er ist entkommen", knisterte es ihr ins Ohr. Terry fluchte leise, als David über Funk fortfuhr: "Hier ist eine drei Meter hohe Mauer. Der Kerl ist so merkwürdig daran hochgesprungen... Meadows hat versucht, das nachzumachen... ohne Erfolg. Er hat sich den Knöchel verstaucht." Terry lief fast vor Wut rot an, doch dann legte Don ihr beide Hände auf die Schultern. An der Art ihrer Reaktion, wusste er, dass der Mann entkommen war. "Hey", meinte er aufmunternd, "macht doch nichts." "Er hätte dich umbringen können", regte sich die FBI-Beamtin auf. "Hat er aber nicht", entgegnete Don trocken, "aber das war auch nie seine Absicht." Irritiert blickte sie ihn an. "Das war nie seine Absicht?" Don schüttelte den Kopf und sagte: "Frag bitte nicht nach dem Warum..." Terry unterbrach ihn: "Ist jetzt auch egal. Wir haben eine Menge Arbeit zu erledigen."

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:11

Re: When nothing's as it seems...

Mit einem Eisbeutel und aufgekrempeltem rechten Hosenbein saß Nick auf seinem Bett in dem Einfamilienhaus am Rande von Los Angeles. Fluchend presste er den kühlen Gegenstand auf sein rechtes Knie, das stark angeschwollen war, seitdem er vor einer halben Stunde in seinen Wagen gestiegen war. Es war nach wie vor niemand anderes zuhause, daher konnte auch keiner dumme Fragen stellen. Zum Glück, wie sich Nick dachte. Die Schwellung war die Folge eines Kreuzbandrisses, den er schon seit einigen Jahren mit sich herumtrug. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, den Riss wieder in Ordnung bringen zu lassen, doch die Beinmuskulatur war so gut trainiert, dass das Band nicht benötigt wurde, um das Knie zu stabilisieren. Lästig daran war nur, dass das Knie nach gewissen Anstrengungen durchaus dick anschwellen konnte, so wie jetzt. Und noch viel unangenehmer war der stumpfe Schmerz, der dann durch das Gelenk wallte. Seufzend lehnte er sich zurück an die Wand am Kopfende seines Schlafplatzes und schloss die Augen. Er war froh, dass er sich die Mühe gemacht hatte, sich die Umgebung des Cafés vor dem Besuch genauer anzusehen. Im Nachhinein betrachtet, war alles schief gelaufen, was hatte schief laufen können. Wenigstens waren die Bundesbeamten so pfiffig gewesen und hatten sich auf seine Forderungen eingelassen. Ansonsten hätte es mit Sicherheit Tote gegeben und vermutlich hätte er selbst auch dazu gehört. Nachdenklich blickte Nick aus dem einzigen Fenster im Raum. Sollte er noch einmal beim FBI anrufen?

Kopfschüttelnd nahm er den Eisbeutel von seinem Knie und setzte sich auf die Bettkante. Nein, das FBI würde etwas warten müssen. Schließlich sollten sie aus ihren Fehlern lernen. Vorsichtig stand er auf und brachte das Hosenbein wieder an Ort und Stelle. Langsam machte er sich auf den Weg nach unten. Die Küche glich einem Schlachtfeld und jedesmal erzürnte es Nick, wenn er den Raum betrat. Seine Mitbewohner hätten nicht mal einen Schweinestall als Behausung verdient gehabt. Nick war eher der Typ, der es sauber und vor allem geruhsam haben wollte. Dementsprechend ließ er sich dann auch im Wohnzimmer auf einem gemütlichen Sessel nieder. Mit der Fernbedienung, die neben ihm auf einem kleinen Tisch abgelegt war, schaltete er den alten Fernseher ein, der im Standby-Modus gestanden hatte. Als endlich ein Bild über den Schirm flimmerte, bemerkte Nick wieder den Schmerz über seinem linken Ohr. Warum mussten diese Kopfschmerzen immer auftauchen, wenn er entspannen wollte? Genervt legte er den Kopf nach hinten auf die Rückenlehne des Sessels und schloss die Augen.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:11

Re: When nothing's as it seems...

Don sah auf, als Terry an seine Bürotür klopfte. Er winkte sie herein und rollte dabei etwas von seinem Tisch zurück, an dem er gerade noch Akten durchgesehen hatte. Terry öffnete die Tür, kam herein, schloss sie wieder und setzte sich auf den freien Stuhl, der neben dem Schreibtisch stand. Sie hatte einen Pappordner in der Hand, den sie gerade aufschlug. Don rückte näher, um mit ihr zusammen auf die Blätter sehen zu können. Sein Blick auf das erste Blatt bestätigte seine Vermutung: es waren die Bilder von dem Treffen. "Da siehst du richtig cool aus", meinte Terry und lächelte ihn an. Don zog überrascht eine Braue nach oben.

"Dann lass dir einen Abzug machen und häng es in deiner Wohnung auf", antwortete er ihr grinsend, sah aber schon wieder auf die Bilder. Langsam blätterte die FBI-Beamtin die Bilder durch. Die Qualität war sehr gut, man konnte einige Details wirklich ausgezeichnet erkennen. Don fiel auf, dass er auf viele Dinge bei dem jungen Mann gar nicht geachtet hatte. Aus irgendeinem Grund hatte er sich hauptsächlich auf die Tätowierung fixiert. "Gibt es was über das Tattoo?" fragte er daher auch nach. Terry schüttelte den Kopf und entgegnete: "Nein. Eine solche Tätowierung ist nirgendwo vermerkt. Nicht mal eine Ähnliche." Seufzend erwiderte Don: "So langsam weiß ich nicht mehr, wonach wir bei dem Kerl noch suchen sollen! Am Besten, wir nehmen ihm seinen Ausweis ab, damit wir endlich wissen, wer er ist."

Terry bemerkte den Frust ihres Partners. "Also so aussichtslos ist das auch nicht. Immerhin können wir bestimmt mit dem Namen Nick etwas anfangen." "Glaubst du etwa, dass sei sein richtiger Name?" wollte Don wissen. Schulterzuckend antwortete seine Partnerin: "Immerhin besser als gar nichts." "Also gut, schwing die Hufe", kam die geseufzte Aufforderung, sich an die Arbeit zu machen. Terry stand auf, klappte den Pappordner zu und legte ihn auf den Schreibtisch. Als sie zur Tür ging und sie öffnete, sagte Don noch: "Schick mir David rein." "Gut", meinte die FBI-Beamtin und verließ das Büro, ohne die Tür zu schließen. Es dauerte keine zwei Minuten, da kam David durch eben jene Tür in Dons Büro und schloss sie hinter sich. "Setz dich", forderte Don den jungen FBI-Beamten auf, der diesem Befehl wortlos gehorchte, während Don noch einmal die Bilder durchblätterte. Schließlich sah er seinen Untergebenen an. "Was ist da passiert? Wie ist der Typ über die Mauer gekommen? Und wobei hat sich Meadows den Knöchel verstaucht?" wollte Don wissen.

David sah etwas verlegen zu Boden, als er mit der Erklärung begann: "Die Strasse war eine Sackgasse, die in einer drei Meter hohen Mauer mündete. Der Kerl ist an die linke Ecke der Mauer gegangen, da wo sie sich mit der Hauswand traf. Dann ist er hochgesprungen, hat sich von der Hauswand noch mal abgedrückt, um höher zu kommen und konnte so die Mauer erklimmen. Was Meadows da veranstaltet hat, weiß ich auch nicht, aber er meinte, das wäre ganz einfach." "Naja, wie einfach das war, wissen wir ja jetzt", grummelte Don. David nickte bestätigend. Eigentlich wollte Don noch etwas anfügen, doch in jenem Moment klopfte es ein weiteres Mal an der Bürotür. Es war Charlie, der die Tür einen Spalt öffnete und seinen Kopf hindurch steckte. "Störe ich?" fragte er leise. "Nein", begann sein Bruder, "komm rein." Automatisch stand David auf und verließ das Büro.

Charlie schloss die Tür hinter ihm und setzte sich auf den nun wieder freien Stuhl. "Wofür brauchst du meine Hilfe?" wollte der Lockenkopf wissen. "Hallo erstmal", meinte Don grimmig. Charlie lachte: "Oh, entschuldige. Hallo. Also?" Erwartungsvoll blickte der Mathematiker den Bundesbeamten an. Don klappte den Pappordner mit den Bildern auf seinem Schreibtisch zu und griff nach einem Weiteren. Diesen reichte er Charlie, der ihn auch sofort neugierig öffnete. Don schwieg und beobachtete das Mienenspiel seine Bruders genau, als dieser die Daten in der Akte überflog. "Hmm", war das Erste, was von ihm zu hören war, "diese Jungs haben also ein paar Raubüberfälle hier in L.A. durchgeführt. Und du willst nun wissen, wo sie als Nächstes zuschlagen?" Lächelnd sah Charlie auf, denn er war sich sehr sicher, dass er mit dieser Frage richtig lag. Wieder einmal staunte Don über seinen Bruder und sagte: "Ja, genau. Wie schnell bekommst du das hin?" "Och", winkte der Mathematiker ab, "das sollte nicht allzu lange dauern. Höchstens ein oder zwei Tage." "Na dann, ran an die Arbeit."

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:11

Re: When nothing's as it seems...

Es war dunkel. Wieder einmal fand sich Don in tiefer Schwärze wieder. Doch dieses Mal fehlte das Klingeln seines Handys. Dafür war wieder die Stimme zu vernehmen, die etwas sagte, was Don nicht komplett verstehen konnte. Wegen der Dunkelheit traute er sich nicht, sich hinzusetzen und dem Geflüster zu lauschen. Stattdessen blieb er stehen. Angestrengt versuchte er, die Worte endlich zu verstehen. Doch auf einmal riss das Flüstern ab. Es war totenstill.

Don wusste, dass er geträumt hatte. Er hatte es sogar gewusst, während er träumte. Trotzdem konnte er die Worte nicht zusammenbringen. Er lag nun mit geöffneten Augen auf dem Sofa in seinem Apartment. Immerhin hatte er mehr verstanden: "... Finsternis... Einsamkeit... Grauen. Hilf mir, mein Bruder." Als er die Worte leise vor sich hin murmelte, wurde ihm die Bedeutung des letzten Satzes erst bewusst. "Charlie", rief er und sprang vom Sofa auf. Dabei verhedderte er sich in der Wolldecke, die er sich bis fast zu den Ohren gezogen hatte. Er stolperte nach vorne, konnte sich aber so eben noch mit einer freien Hand auf dem Wohnzimmertisch abstützen. Das Zimmer wurde vom schwarz-weißen Schein eines alten Westerns, der gerade im Fernsehen lief, erleuchtet.

Auf dem Tisch, dem es zu verdanken war, dass Don sich nicht auf dem Boden wieder fand, standen ein paar Bierflaschen. Dazwischen lag ein Pizzakarton. Don richtete sich wieder auf und ließ die Decke zu Boden fallen, um sich daraus zu befreien. Sein Blick wanderte nach links, wo sich seine Wohnküche befand. Das Apartment war ziemlich klein, aber Don störte das wenig, er war eh kaum dort. Irgendwo auf dem Tresen in der Küche musste doch sein Handy sein? Der Tresen trennte die Küche vom Wohnzimmer und manchmal konnte man daran wirklich gut essen. Dieser Tresen war auch der erste Anlaufpunkt für Don, wenn er von der Arbeit hierher kam. Dort legte er seine Waffe und sein Handy ab. Im schwachen Schein seines Fernseher ging er nun zu seinem Handy. Sollte er wirklich bei Charlie anrufen? Mitten in der Nacht? Don sah auf die Uhr. War es überhaupt mitten in der Nacht? Das Ziffernblatt zeigte kurz nach halb vier in der Früh. Um eine Entscheidung ringend nahm er das Gerät in die Hand, drehte es ein paar mal und legte es dann wieder weg. Was hatte dieser letzte Satz aus seinem Traum zu bedeuten? Schwebte Charlie in Gefahr? Lag es an dem Fall?

"Vielleicht sollte ich einfach weniger Bier trinken", murmelte Don leise vor sich hin und betrachtete die leeren Flaschen auf dem Wohnzimmertisch. Er wusste, dass er sich damit nur beruhigen wollte. Seufzend ging er zurück zum Sofa und legte sich wieder darauf. Die Wolldecke nahm er vom Boden, entwuselte sie und deckte sich damit wieder zu. Ein bisschen Schlaf würde ihm gut tun. "Aber bitte ohne Träume", waren seine letzten Worte, bevor er die Augen schloss.

Doc_Wuffi

Lost in Blue

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Donnerstag, 18. Oktober 2007, 11:12

Re: When nothing's as it seems...

Zur gleichen Zeit lag Nick einige Kilometer entfernt wach. Es kam häufiger vor, dass er nicht schlafen konnte. Und wenn er schlief, reichte das kleinste verdächtige Geräusch, um ihn zu wecken. Die Straße vor dem Haus wurde zum Glück nur wenig befahren, so dass man zumindest noch von einer ruhigen Gegend sprechen konnte. In manchen Nächten nervte es ihn, wenn er nicht schlafen konnte. Heute war er dafür dankbar, denn er wusste, dass ihn sein Alptraum verfolgen würde. Dieser Traum war manchmal so real, dass er die Hitze der Explosion beinahe spüren konnte. Wieder spüren konnte. Sein Herz schlug schneller, als er daran dachte und seine Gesichtszüge versteinerten. Er schloss die Augen, um sich zu beruhigen. Manchmal war das Leben hart, zu hart, wie Nick feststellte. Inzwischen hatte er gelernt, damit umgehen zu können. Seiner eigenen Meinung nach hatte er nichts zu verlieren. Er machte diesen Job nicht aus Spaß an der Freude, sondern weil es seine Verpflichtung war. Am Liebsten hätte er jetzt seine Waffe unter dem Kopfkissen hervor geholt und damit seine beiden Mitbewohner erschossen.

Nick seufzte und verschränkte die Arme hinter dem Kopf unter dem Kopfkissen. Er wusste, dass er weniger nachdenken sollte. Das hatte ihn schon viel gekostet. Er schloss die Augen und stellte fest, dass er nun doch ganz gerne schlafen wollte. Er hatte schließlich noch viel vor am nächsten Tag. Doch plötzlich richtete er sich auf. Die Lampe in seinem Zimmer war noch immer eingeschaltet, seitdem es dunkel geworden war. Er setzte sich auf die Bettkante und fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht. Danach stand er auf und ging zum Schrank, in dem er seine Kleidung untergebracht hatte. Seine helle Jeans vom Morgen hatte er gegen eine lange Sporthose eingetauscht. Nun griff er nach einer dunkelblauen Jeans und zog sich um. Dann nahm er noch ein schwarzes T-Shirt und zog es über. Nachdem er sich auch noch Socken angezogen hatte, schlüpfte er in seine weißen Turnschuhe.

Ihm gefiel der Kontrast nicht, aber dunkle Turnschuhe hatte er nicht zur Hand. Stattdessen zog er die Schuhe wieder aus und sprang in seine schwarzen Stiefel. Ohne Spiegel band er sich die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und verfluchte die Strähne, die ihm trotzdem wieder ins Gesicht fiel. Erneut ging er zu seinem Schrank und entnahm zwei Schulterholster für Pistolen. Nach dem gekonnten Anlegen steckte er die beiden Waffen hinein, die ebenfalls im Schrank lagen. Noch einmal überprüfte er, ob er alles hatte, dann knipste er die Lampe aus. Nachdem er leise seinen Raum verlassen und die Tür wieder geschlossen hatte, nahm er sich unten von der Garderobe eine schwarze Jacke und zog sie an, um die Waffen darunter zu verstecken. Er hoffte, er würde sie nicht brauchen. Mit leisen Schritten verließ er das Haus durch die Haustür, die er ebenso leise schloss, wie er sie geöffnet hatte. Vor dem Haus schloss er die alte Corvette auf und stieg ein. Der Wagen sprang mit ein paar Schwierigkeiten an und Nick konnte losfahren.

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