Alex hatte die Scheibe noch nicht ganz unten, als ihr bewusst wurde, dass es ein Fehler gewesen war. Sie blickte in das hässliche Grinsen von Moss. "Sieh an, sieh an. Wenn haben wir denn da?" fragte Moss gehässig, öffnete dabei die Autotür und machte Alex eine einladende Geste, ihr Auto zu verlassen. "Wird man dich eigentlich nie los?" Alex musste sich zusammenreißen, damit sie nicht anfing wie Espenlaub zu zittern. Nicht nur, dass sie diesen Kerl, der gerade vor ihr stand, abgrundtief hasste, nein, er hatte es geschafft, dass sie nun auch noch Angst vor ihm hatte.
"Na was denn? Och, jetzt komm schon. Lach doch mal, für mich." Moss griff Alex unter ihr Kinn um sie besser sehen zu können. "Fass mich nicht an." fauchte sie Moss entgegen und schlug seine Hand von sich weg. "Ahh, zumindest das hat sich nicht geändert. Ach weißt du eigentlich, dass dein neuer Freund ein Spion ist?" fragte Moss so ganz beiläufig. Alex entglitten sämtliche Gesichtszüge: "Wie bitte? Wo hast du denn den Quatsch her? Wenn er einer wäre, dann hätte ich das wohl als Erste mitbekommen, oder? Oder glaubst du, dass er sonst noch bei uns wäre?" sie versuchte so überzeugend wie möglich zu klingen, ohne auch nur die Spur eines Zweifels aufkommen zu lassen.
"Also meine Informanten, haben mir da was ganz anderes erzählt." "Und was haben sie dir erzählt?" fragte Alex neugierig, da sie darüber mit Sam noch nicht gesprochen hatte, wusste sie tatsächlich nicht, wie er eigentlich eingeschleust wurde. "Nun ja, er soll angeblich Agent bei der NSA sein, die haben ihn zum Schein rausgeworfen, ihn in einen Banküberfall verwickelt, wo er jemand getötet haben soll, ist deswegen in den Knast gewandert, wo er deinem Bruder natürlich rein zufällig kennen gelernt hat und konnte somit dann mit Jamie flüchten. Und da dein Bruder ja besonders leicht zu beeindrucken ist, war es natürlich nicht weiter schwer für ihn, Jamie mit der Flucht zu beeindrucken."
"Aha, schicke Story. Is dir schon mal aufgefallen, dass Sam genau das gleiche erzählt, wie du jetzt? Nur das er nichts von der NSA erwähnt hat?" Moss starrte Alex sekundenlang an und ließ das eben gesagte noch einmal im Kopf Revue passieren. Alex konnte sehen, wie es in Moss´ Gehirnwindungen anfingt zu arbeiten. Moss bemerkte seinen Fehler, ließ ihn sich aber nicht anmerken. Stattdessen ging er einen Schritt näher auf Alex zu und drängte sie so an ihren Wagen ran.
Alex wusste, dass ihr diesmal niemand zur Hilfe kommen würde und versuchte daher Moss auszuweichen. Moss ahnte ihren Schritt voraus und setzte sie an ihrem Auto fest. "Lass mich los." zischte sie und wehrte sich so gut es ging. Was ihr sichtlich schwer fiel, da sie mit aufkommender Panik nun auch noch zu tun hatte. "Ach jetzt komm schon, zier dich nicht so. Von dem Neuen hast du doch eh nicht viel, dafür sorgt doch Emile schon." "Das lass mal meine Sorge sein, wie viel ich von Sam habe oder nicht. Du bist raus aus der Organisation, finde dich damit ab." Alex versuchte immer wieder Moss auszuweichen. Er dachte gar nicht daran, sie wieder gehen zu lassen, drückte sie mit seinem gesamte Körpergewicht gegen den Wagen, hielt ihren Kopf fest und küsste sie.
Alex spürte wie Moss ihr, durch sein Gewicht die Luft abschnürte und dadurch auch nicht mehr in der Lage war, sich großartig wehren zu können. Langsam wurde es schwarz um Alex herum, sie durfte keinesfalls die Besinnung verlieren, denn dann würde sie weder Jamie noch Sam so schnell wieder sehen. In selben Augenblick, wie ihr diese Gedanken durch den Kopf schossen, bemerkte sie, dass sie plötzlich wieder Luft zum atmen bekam. Jemand hatte sie von Moss befreit. Sie versuchte einen klaren Blick zu bekommen, konnte jedoch nur erkennen, dass Moss von einer anderen Person von ihr weggezogen wurde. Sie ließ sich am Auto in die Hocke rutschen, kauerte sich zusammen und versuchte sich selbst wieder zu beruhigen. Sie beobachtete, die ihr immer noch fremde Person, wie diese Moss mit zwei gekonnten Schlägen außer Gefecht setzte.
Einen kurzen Augenblick später stand diese Person wieder vor Alex, ließ auch in die Hocke sinken und nahm sie in den Arm. Alex zuckte instinktiv zusammen und wollte die Person von sich wegstoßen, bis sie bemerkte, dass es Sam war, der vor ihr hockte. Völlig aufgelöst, fiel sie Sam um den Hals und fing an zu weinen. "Alex? Sieh mich an!" von Alex kam jedoch keine Reaktion. "Alex? Du sollst mich ansehen." befahl Sam ihr. Sie löste sich ein Stück von Sam um ihn ansehen zu können, sagte aber kein Wort. "Alex? Wir müssen hier weg." Sam zog sie mit sich nach oben, brachte sie auf die andere Seite ihres Wagens, setzte sie auf den Beifahrersitz und stieg selbst auf der Fahrerseite ein. Mit der nötigen Eile, jedoch ohne großartig aufzufallen, jagte Sam den Wagen über die Straßen zum Hauptquartier der JBA.
Am Eingang kam Sam Jamie schon entgegen. "Was ist passiert? Sie war doch nicht etwa...." Sam schnitt ihm ins Wort: "Nein, sie ist Moss über den Weg gerannt. Wusstest du nicht, dass er noch in der Stadt ist?" Sam hatte Alex in den Armen und brachte sie rauf in ihr Zimmer. "Wie bitte? Er ist noch hier?" "Verbieten können wir es ihm nicht." bemerkte Sam und legte Alex auf ihr Bett, "ich hätte es besser wissen müssen, dass Moss nicht so schnell aufgibt." nuschelte Sam vor sich hin und blieb noch einen Moment bei Alex am Bett. "Bleibst du bei ihr? Falls sie aufwacht?" fragte Sam etwas besorgt in Jamies Richtung. "Ja klar, aber wo willst du hin?" "Ich will nur unter die Dusche." damit verschwand Sam ins Bad.
Sam kam aus dem Bad und wurde auch gleich zu Emile ins Büro zitiert. Er musste Bericht erstatten. "Moss ist noch in der Stadt, war das so angedacht?" wollte Sam von Emile wissen. "Ich bin noch nicht ganz fertig mit ihm. Ich schätze es nicht sehr, wenn Mann seinen körperlichen Vorteil gegenüber Frauen zum Ausdruckt bringt, um zu bekommen, was man will." Emile sah Sam an, "Du hast ihn gesehen, oder bist du im begegnet?" "Ihm begegnet, besser gesagt ist er Alex begegnet." Sam zog keinen nutzen daraus, Emile zu heimlichen, was in der Stadt zwischen ihm, Alex und Moss vorgefallen war.
Emile war nicht sonderlich davon angetan, was er hörte, erkundigte sich aber dennoch: "Ihr geht es gut?" "Sie ist ein wenig durch Wind." Emile musterte Sam genauer: "Und du? Was ist mit dir?" Sam war im ersten Moment verwirrt, was Emile bemerkte. "Du hast dich hier als sehr wertvoll erwiesen, ich möchte nicht, dass deine Kompetenzen darunter leiden, weil du nicht bei der Sache bist, sondern stattdessen bei Alex. Was ich durchaus verstehe kann, dann kann ich dich aber nicht weiter als aktives Mitglied bezeichnen, zumindest so lange nicht, wie die Sache mit Moss nicht aus der Welt geschafft ist." Sam musste sich keine Antwort überlegen, er wusste, dass es Alex nichts bringen würde, wenn er sich jetzt von Organisation zurückziehen würde.
"Mach dir um mich keine Sorgen. Ich habe meine Gefühlswelt durchaus ganz gut im Griff. Definitiv besser, als manch ehemaliges Mitglied." Emile konnte sich ein Grinsen, bei dieser Bemerkung, nicht verkneifen. "Sehr schön, dass war alles was ich wissen wollte. Feierabend für heute."