Es wäre egal, was Lia noch für Argumente vorbringen würde, die Sorge um den Krümel und sich, konnte sie Sam nicht nehmen und beließ es vorerst dabei. Das Klappern der Töpfe holte Lia wieder aus ihren Gedanken raus. "Sam?" "Hm?" Sie überlegte kurz, ob dies jetzt der richtige Zeitpunkt war, aber sie wollte noch einmal mit Sam reden. "Bleibt es jetzt eigentlich bei Saverio?" Sie wusste, dass der Name sehr ausgefallen war, wollte aber auch keinen 08/15 Standartnamen haben. Immer noch bedachte Sam sie mit einem dieser komischen Blicke. "Waaas? Was ist an dem Namen auszusetzen?" Sam kam um ein Grinsen nicht rum, "er klingt doch wirklich....ich weiß nicht....so anders?" Nun war es Lia, die verspielt schmunzeln musste, "na und? Wir sind ja auch anders, oder nicht?" argumentierte sie. Sam seufzte, er wusste, dass er Lia von dem Namen nicht mehr abbringen konnte und einen anderen hatte er auch nicht parat.
Lia nahm Sams Seufzen als Zustimmung und grinste triumphierend in seine Richtung. "Richard findet den Namen übrigens auch klasse." "Seine Tochter heißt ja auch Khira Li, warum sollte er dann den Namen nicht gut findet?" kam nun ein wenig spitzwindig von Sam. Lia grinste nur und verkniff sich einen Kommentar dazu. Nach dem beide gegessen hatten, verbrachten sie die restliche Zeit zusammen gekuschelt auf dem Sofa, bis Sam zu seinem Einsatz musste. Lia war noch nicht müde und entschied sich dazu, noch einmal ihren Mann anzurufen. Obwohl es mitten in der Nacht war, war Richard immer noch wach, was Lia nicht weiter verwunderte.
"Hmpf, das heißt, dass du jetzt erst mal alleine bist? So ganz alleine?" Richard gefiel der Gedanke so ganz und gar nicht, dass Lia allein war, insbesondere gerade jetzt. "Richard? Es wäre in Berlin auch nicht anders gewesen, ich bin durchaus im Stande, mir ein Taxi oder einen Krankenwagen zu rufen, wenn was sein sollte." "Trotzdem, ich werde versuchen, so schnell wie möglich wieder zurück zu kommen." "Das brauchst du nicht, mir geht es prima und der Termin ist auch erst in ein paar Tagen", versuchte Lia ihren Mann wieder ein wenig zu beruhigen. "Ja! Gerade weil der Termin in ein paar Tagen ist. Darauf solltest du dich nicht unbedingt verlassen." "Richard? Du bist doch gerade erst in New York angekommen. Ist Emu eigentlich bei dir?" Lia konnte hören, wie ihn die Frage total aus dem Konzept brachte, "hm? Ja, wieso? Was willst du denn jetzt von Emu?" Lia hatte es wieder einmal geschafft, ihren Mann gänzlich durcheinander zu bringen und lachte. "Was ich von Emu will? Eigentlich gar nichts, aber du kannst ihn doch mitbringen, wenn ihr in New York fertig seit. Er hat doch schon in Berlin angst gehabt, dass wir vergessen könnten, ihm bescheid zu sagen, wegen dem Kleinen." Für einen kurzen Moment war Stille in der Leitung. "Lia? Ich will aber nicht, dass du...." Sie viel ihm prompt ins Wort, "jetzt sperr mal deine Lauscher auf. Ich bin kein kleines Kind mehr und kann wunderbar für mich alleine sorgen und aufpassen kann ich auf mich auch. DU wirst jetzt erst Mal deinen Kram in New York erledigen."
Richard blieb still am anderen Ende der Leitung. Ihm wurde schlagartig klar, dass er sich zu viele Sorgen machte und dadurch anfing Lia bemuttern zu wollen. Er wusste, dass sie dafür so gar nicht der Typ war, was sie ihm auch gerade unmissverständlich klar gemacht hatte. Es war eine dieser Eigenschaften von ihr, die Richard so an ihr schätze, sie kam ohne große Umschweife auf den Punkt, wie jetzt gerade auch wieder. "Es tut mir leid...." "Wofür entschuldigst du dich?" fragte Lia etwas verdattert nach. "Versprich mir einfach, dass du dich erst mal um dein Projekt kümmerst und wenn du alles in die richtigen Bahnen geleitet hast, dann kommst du mit Emu wieder hier her, okay?" Etwas gedankenverloren nickte Richard am Telefon, eher er merkte, dass Lia dies wohl nicht hören konnte. "Versprochen, aber du...." „...meldest dich, wenn was sein sollte", beendete Lia etwas genervt den Satz ihres Mannes, "schon klar, mach ich." Sie hatte das Telefongespräch anschließend schnell beendet, wie Richard feststellen musste.
Lia hatte in den ersten zwei Nächten die Hoffnung, dass zumindest Sam von seinem Einsatz früher zurückkommen würde, da dies durchaus schon passiert war, dass Sam nach zwei oder drei Tagen wieder da war. Aber diesmal würde es wohl nicht so sein, musste Lia sich eingestehen. In den letzten Nächten wühlte sie sich oft in den Schlaf, doch heute Nacht brachte auch dies nichts. Entnervt gab sie auf, schlug die Decke weg und ging wieder nach unten in die Küche. Ein wenig übermüdet und planlos stand sie nun in der Küche und wusste eigentlich nicht so Recht, was sie machen sollte. Lia drehte sich erst einmal um ihre eigene Achse und überlegte sich dann, dass sie sich einen heißen Kakao machen könnte, was sie auch gleich in die Tat umsetzte.
Bewaffnet mit einer Tasse Kakao steuerte sie schließlich das Sofa an und machte es sich darauf bequem. "So, Kakao? Da! Fernsehzeitung? Hier! Fernbedienung? Auch am Start. Prima, dann können wir ja jetzt sinnlos zappen." Lia hatte die Fernbedienung noch nicht ganz in ihrer Hand, als sie mitten Mal einen fiesen Schmerz spürte. "Hmpf, och nee, mach kein scheiß da drinnen. Wir wollten sinnlos zappen und nicht die Nacht im Krankenhaus verbringen, oder?" Irgendwie wollte Lia gerade nicht wahrhaben, dass ausgerechnet jetzt der Krümel raus wollte. "Outch, spinnst du? Mmmhhhh....schon gut...schon gut...." Das nächste was Lia bemerkte, war, dass offenbar die Fruchtblase geplatzt war, "okay, okay....ich hab´s kapiert, du willst nicht mehr drin bleiben. Aber du hättest ja wenigstens warten können, bis dein Dad wieder hier ist."
Langsam kroch in Lia nun doch Panik hoch, war dies doch ihre erste Schwangerschaft, auch wenn sie bei den Vorbereitungskursen war, so musste sie doch feststellen, dass dies nicht das Gleiche ist. Hastig sah sie sich um und wurde fündig. Sie hatte das Mobilteil des Telefons noch nicht wieder auf die Ladestation gelegt und war gerade unendlich dankbar dafür. Schnell huschten ihre Finger über die Tasten und wählten den Notruf. Die Dame am anderen Ende, versuchte Lia so weit es ging ruhig zu halten, da Lia immer mehr mit aufkommenden Schmerzen zu tun hatte.
Es kam Lia wie eine Ewigkeit vor, bis der Krankenwagen endlich eingetroffen war. Was danach passierte, nahm Lia gar nicht mehr so Recht war. Erst im Kreissaal vom Krankenhaus wurde ihr erst wieder richtig bewusst, was überhaupt los war, nach dem eine Krankenschwester ihr ihren Sohn behutsam in den Arm legte. "Weiß der Vater schon bescheid?" fragte die Krankenschwester vorsichtig nach. "Nein, noch nicht." "Sollen wir ihn benachrichtigen?" Lia verneinte, wusste sie doch selber noch nicht einmal wo Sam überhaupt steckte. Sie war auch viel zu geschafft, um noch einen klaren Gedanken fassen zu können.
"Wir brauchen noch den Namen von ihrem Sohn." "Saverio Kruspe." Die Schwester notierte den Namen auf einem kleinen Bändchen und machte dieses an dem Handgelenk vom Kleinen fest, bevor sie die Papiere weiter ausfüllte und anschließend Saverio mit sich nahm. Etwas panisch sah Lia hinterher, eher ihr die Hebamme erklärte, dass ihr Sohn auf die Säuglingsstation kam, damit sie schlafen konnte.
Es war noch nicht wieder ganz hell draußen geworden, doch Lia war bereits wach und auf den Weg zur Säuglingsstation. Nach dem sie Saverio geholt hatte, ging für Lia die Debatte los, dass sie nicht länger im Krankenhaus verweilen wollte. Die Aussicht noch drei weitere Tage hier bleiben zu müssen, gefiel ihr nicht im Geringsten. Lia wollte gerade wieder anfangen mit den Arzt zu diskutieren, als mitten Mal Lambert hinter ihr auftauchte. "Lambert? Wie....also....öhm?" Lia war sichtlich durcheinander, was Lambert grinsend hinnahm. "Ich war heut morgen bei euch. Da ich dich nicht angetroffen habe und dein Wagen aber noch vor dem Haus steht, bin ich einfach mal davon ausgegangen, dass du hier sein wirst", erklärte Lambert.
"Ja, genau...prima...vielleicht können sie dem Herren hier klar machen, dass ich keine drei weiteren Tage hier bleiben werde." Lia war schon ein wenig angenervt und machte daraus auch Geheimnis. "Hören sie Mrs. Kruspe! In den Tagen in denen sie noch hier bleiben sollen, wird ihnen die Hebamme noch die nötigen Kenntnisse vermitteln, die sie brauchen werden", versuchte der Arzt Lia zu überzeugen. Lia blieb stur, "das brauch mir niemand zeigen, so was nennt sich Mutterinstinkt." Der Mann in weiß, musste sich eingestehen, dass es nicht viel Sinn machen würde, Lia noch weiter davon zu überzeugen, dass sie bleiben sollte und gab nach. Lia ließ sich das nicht zweimal sagen und war innerhalb von zwanzig Minuten aus dem Krankenhaus verschwunden.
"Und du bist sicher, dass du keine Hilfe brauchst?" wollte Lambert wissen. Lia verneinte nur und sah sich etwas ratlos auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus um. "Hmpf, na prima. Ich bin ja mit dem Krankenwagen her gekommen." "Bist du dir immer noch sicher, dass jetzt nicht doch ein bisschen Hilfe gebrauchen könntest?" fragte Lambert etwas amüsiert nach. Lia gab auf, "schon gut. Ja, doch vielleicht, aber nur ein bisschen...", sie stockte kurz, "würde sie uns vielleicht...also...." Lia brach ab, sie hasste es, um Hilfe zu bitten. "Euch nach hause bringen?" mutmaßte Lambert grinsend. Lia nickte nur stumm, ihr wäre es lieber gewesen, sie hätte selbstständig den Weg nach hause antreten können. "Komm schon, ich fahr dich und den Kleinen nach hause. Wie heißt er jetzt eigentlich?" "Saverio." Lambert schaute Lia etwas merkwürdig an, "Saverio? Ist ja sehr außergewöhnlich."
Endlich wieder im Haus angekommen, verfrachtete Lia den Kleinen erst einmal in den Maxicosi. "Ach? Lambert? Bitte sagen sie Sam nichts." Lia erntete dafür einen verwunderten Blick. "Warum nicht?" "Ich weiß nicht, ich will nicht, dass er es von ihnen erfährt und schon gar nicht in der Osprey. Es war so schon dumm gelaufen, dass er weg musste und der Kleine nu doch schon da ist, dann will ich nicht auch noch, dass sie es ihm sagen", erklärte Lia ihm. "Wie lange wird Sam noch unterwegs sein?" Lia musterte Lambert genau bei dieser Frage, sie war sich sicher, dass Lambert diese Frage gerne umgehen würde. "Ich weiß es nicht mit Sicherheit, je nach dem, wie schnell Sam seinen Auftrag durchführen kann." Es war Lia irgendwie klar, dass sie keine präzise Antwort bekommen würde. "Aha, na hoffentlich dauert es nicht ewig." "Weiß denn dein Mann schon bescheid?" Lia grinste Lambert breit an. War sie doch gerade dabei, mit der Digitalkamera umher zu hantieren. "Nein, noch nicht, aber gleich." Lia versuchte jetzt schon seit einigen Minuten ein vernünftiges Fotos von ihrem Sohn zu machen, doch Saverio dachte gar nicht daran, sich ablichten zu lassen. "Hmpf, wie der Vadder, der is genauso Kamerascheu." "Liegt wohl in den Genen", kommentierte Lambert leise das Unterfangen von Lia.
Es hatte Lia noch eine geschlagene Stunde und eine fast volle Speicherkarte, mit unbrauchbaren Bildern drauf, gekostet, ehe sie endlich ein brauchbares Foto von Saverio machen konnte. "Boah, na endlich." Schnell hatte sie die Kamera mit ihrem Laptop verbunden und das einzig verwertbare Foto auf die Festplatte gezogen. "So, dann wollen doch mal sehen, was Richard jetzt tut." Während sie noch die E-Mail fertig schrieb, kramte sie schon wieder in der Laptoptasche rum. "Hmpf, nee ne? Na toll, und ich aste mir hier einen ab, dich in Bits und Bytes zu speichern und hier liegt so´ne blöde Webcam drin." Völlig entgeistert hielt sie Saverio die kleine Webcam vor die Nase. Ein teuflisches Grinsen machte sich auf Lias Gesicht breit. Da ihr Laptop über nicht all zu viele USB-Anschlüsse verfügte, stöpselte sie fix die Kamera wieder ab und steckte stattdessen die Webcam an. "Das Foto hat mir eh nicht sonderlich gefallen", erklärte sie ihrem Sohn und holte ihn aus dem Maxicosi wieder raus auf ihren Arm, was Sav ihr mit Gequengel und schreien dankte.