Sie drückte vorsichtig die Klinke runter, in der Erwartung das abgeschlossen sein würde. Es war nicht an dem. Sie öffnete die Tür und trat ins Bad. Sie sah Sam, wie er verkrampft und eingerollt auf dem Boden lag. "Oh mein Gott, Sam?" Mit einem Satz war sie bei ihm und kniete neben ihm. Eine Berührung an der Schulter von Sam verriet ihr, dass seine Haut, scheinbar kochen musste. Lia griff zum Handtuchhalter, schnappte sich eins der Handtücher und tränkte es mit kalten Wasser, eher sie es Sam auf seinen bloßen Oberkörper packte. Sie sah, wie er unter der Berührung zusammen zuckte und erschrak. "Lia? Bitte geh. Lass mich alleine", hörte sie ihn, kaum hörbar sagen. "Nix da", kam in einem entschlossenen Ton ihr zurück. Wieder berührte sie ihn und wieder zuckte Sam sichtlich zusammen und versuchte sich ein Stück von ihr weg zu rollen. "Hmpf, willst du jetzt jedes Mal die Flucht ergreifen, wenn ich dich berühre?" Fragte sie gerade heraus. Mal wieder keine Antwort. Sie wechselte ihre Position und setzte sich genau vor Sam auf die Fliesen. "Wie lange geht das jetzt schon?"
Sie mutmaßte, dass es schon zu lange so ging, dass Sam sich wahrscheinlich Nacht für Nacht ins Bad verzog um eine Unterhaltung mit dem Porzellan zu führen. "Zu lange." kam leise und kraftlos von Sam. Er rollte sich auseinander, setzte sich auf, lehnte sich mit dem Rücken an die freie Wand, die sich gegenüber der Dusche befand und zog die Knie wieder an seinen Körper. Zögerlich sah er sie an. "Lia? Ich werde gehen." Sie schluckte schwer, hatte sie doch irgendwie gewusst, dass Sam nicht für immer hier bleiben würde. Sie blieb stumm, was sollte sie auch darauf sagen? "In acht Wochen werde ich zurück in die Staaten fliegen." erklärte Sam ihr. Immer noch blieb sie stumm. Sie überlegte, hatte es was mit dem Besuch im Kempinski zu tun? Sie vermutete, ja. "Bleibst du so lange noch bei uns?" Kam von ihr nur als Frage, sie wusste nichts anderes zu fragen. Sie sah ihn an, wie er ihr gegenüber an der Wand saß. Sie seufzte, raffte sich vom Boden auf und verließ das Badezimmer. Es hatte wohl im Moment einfach keinen Sinn bei Sam zu bleiben. Sie blieb einen Moment zweifelnd im Flur stehen. Nein, sie konnte ihn nicht einfach im Bad allein lassen, sie wollte es auch nicht und ging zurück. Sie lehnte in der Tür und sah Sam erneut an.
"Wollen wir uns vielleicht ein gemütlicheres Plätzchen als das hier suchen?" Fragte sie schließlich. Sam blickte auf, stütze sich mit seinen Armen an der Wand ab, hievte sich auf und trat Lia entgegen. Wieder standen sich beide gegenüber. Sie sah zu ihm auf, fackelte nicht lange und gab ihm einen Kuss. "Geht doch", grinste sie und entschwand ins Wohnzimmer. Sam konnte immer noch nicht ganz begreifen, dass Lia sich nicht von ihm abgewandt hatte und folgte ihr Gedankenversunken, ins Wohnzimmer. Lia hatte sich bereits wieder in die Decke eingedreht, da ihr kalt wurde. Sie folgte Sam mit ihren Blicken, der auf die Couch zu steuerte, aber davor stehen blieb. "Sam?" Nölte Lia rum und klopfte dabei neben sich auf die Couch. "Du wirst mich eh nicht davon abhalten können, dass ich dir auf die Pelle rücke", gab sie mit einem leichten Grinsen im Gesicht in seine Richtung ab.
"Warum?" Fragte er verständnislos, konnte er doch anscheinend immer noch damit umgehen, dass Lia weiterhin seine Nähe suchte. "Das hab ich dir schon gesagt. Es gibt kein warum", mit diesen Worten krabbelte sie samt Decke zum Couchrand und zog Sam am Hosenbund auf die Couch. Sie war verwundert, hatte sie es doch beim letzten Mal wesentlich schwerer gehabt, ihn hierauf zu befördern. Wieder kuschelt sie sich an und auch dieses Mal zuckte Sam unweigerlich zusammen. Lia ging nicht darauf ein. "Kommst du zurück?" Fragte sie schließlich und beendete damit das Schweigen der Beiden. Sams Antwort war ein kurzes "Ja." "Wie lange wirst du weg sein?" Lia fragte weiter und hoffte, dass Sam ein wenig mehr sagen würde, als nur ein Wort, dass seine Antwort darstellen sollte.
"Ich weiß es nicht. Lia? Wenn ich zurück in den Staaten bin, werde ich zu einem Psychiater gehen. Ich werde mit Lambert zurück fliegen." Erstaunt und zu gleich verblüfft schaute sie Sam an, war seine Antwort doch sehr offen und ehrlich. "Wer ist Lambert?" "Du hast ihn in meiner Wohnung gesehen. Er ist mein...." Sam stockte und überlegte, was Lambert für ihn war. Sein Chef. Aber auch ein Freund. "Er ist mein Chef und mein Freund", brachte er schließlich seinen Satz zu ende. "Dein Chef ist mit dir hier in der Stadt? Wow." Sam sah Lia, seit dem Vorfall auf dem Parkplatz, länger als den Bruchteil einer Sekunde an. "Wirst du Richard davon erzählen?" Lia verneinte stumm. "Ich denke, es gibt Sachen, die muss er nicht unbedingt wissen. Aber ich würde ihm gern sagen, was du tatsächlich machst." Sam seufzte leise. "Er hat doch eh schon geahnt, dass ich nicht das mache, was ich ihm erzählt habe."
Er sah Lia an und sein Blick fiel auf die Uhr. "Bist du denn gar nicht müde?" Wechselte Sam ohne Vorwarnung das Thema. "Nein. Grad nicht so. Außerdem hab ich doch vorhin schon auf der Couch geschlafen. Reicht doch." Sie überdachte ihre Antwort. "Oder wollen wir noch ein bisschen versuchen zu schlafen......Im Bett?" Hängte sie zum Schluss, mit einem Schmunzeln, ran. Sie wusste, dass sie einschlafen würde, so bald sie im Bett liegen würde, wollte dies aber nicht zugeben. Sie wollte bei Sam bleiben und wenn es bedeuten sollte, dass sie hier im Wohnzimmer, auf der Couch bleiben würde. Sie spürte wie Sam sie beobachtete. "Ich bin nicht müde", bekräftigte sie noch ein Mal ihre Aussagen von eben und griente ihn an. Sie wusste, dass Sam ihr nicht glaubte, dass konnte sie an seinem Blick erkennen, den sie von ihm erntete. Sam gab nach, wenn er schon nicht schlafen konnte, so sollte doch zumindest Lia dazu kommen und stand auf. Verwirrt sah sie hoch zu Sam. "Hm?" "Schlafen! Im Bett", gab er zurück und ging in Richtung Schlafzimmer.
Vollkommen perplex erhob Lia sich und ging hinterher. Im Schlafzimmer sah sie, dass Sam sich bereits auf das Bett gelegt hatte. Seine schwarze Cargohose hatte er an behalten und lag auf der Decke drauf. Immer noch verwirrt, von der plötzlichen Entschlossenheit Sams, zog Lia ihre Hose und den Pulli aus, krabbelte über ihn rüber und verschwand unter ihrer Decke. Sie merkte, wie die Müdigkeit von ihr Besitz ergriff, musste aber, bevor sie endgültig ins Land der Träume abdriftete, noch wühlen. Durch das Gewühle schaffte sie es, kurzfristig Richard zu wecken, den sie prompt noch ein Stück näher an sich ran holte und sich dann anschließend bei Sam an seine rechte Seite einkuschelte.
Hätte es in der Küche nicht ein lautes Klirren gegeben, gefolgt von einem lautstarken Fluchen, wäre Lia vermutlich nicht aufgewacht und hätte durchgeschlafen bis in den Abend rein. Sie rekelte sich und musste feststellen, dass sie alleine im Bett war. "Menno", kam von ihr in einem noch nicht ganz wachen Zustand. Hasste sie es doch, alleine im Bett zu sein. Sie brauchte noch einige Augenblicke, bis sie sich mit ihrem Kreislauf darüber einig war, dass sie aufstehen konnte. Als sie die Decke weg schlug, bemerkte sie, dass sie nur Unterwäsche trug. Sie ging zum Schrank, angelte sich einen Pulli raus und streifte sich ihn über. "Hmpf", sie musste feststellen, dass sie nicht einen von ihren erwischte hatte, sondern einen von Richards Pullis. Es war ihr egal. Sie machte sich auf in die Küche um dem Klirren auf den Grund zu gehen. In der Küche bot sich ihr ein Anblick, der ihr bekannt vorkam. Das gleiche Szenario durfte sie doch schon am Vortag erleben. Richard und Sam standen in der Küche, gemeinsam an der Arbeitsplatte und kochten. Sie lehnte sich in den Türrahmen und beobachtete die beiden Männer. So ungleich sie doch waren, hatten sie doch in der Küche eine Gemeinsamkeit für sich entdeckt.
"Willst du da festwachsen?" Fragte Sam Lia, ohne sich umgedreht zu haben. Sie erschrak, hatte sie doch keinen Mucks von sich gegeben. "Mhmh", kam recht wortkarg zurück und sie setzte sich an den Tisch. Ihr Blick fiel auf die eingebaute Digitaluhr am Herd. "Was? Nee ne?" Der Blick verriet ihr, dass es bereits kurz nach zwei Uhr nachmittags war. Richard drehte sich lachend um und gab ihr einen Kuss. "Wir wollten dich nicht wecken." "Hmpf!" Murrend stand sie wieder vom Tisch auf, um den Edelstahlwasserkocher anzuschmeißen. Sie brauchte jetzt erst mal einen Cappuccino. Während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte, schlenderte sie das kurze Stück zurück zu Sam an die Arbeitsplatte und versuchte einen Blick, von dem zu erhaschen, was sie kochten. Identifizieren konnte sie es nicht, aber es roch zumindest lecker. Sie hatte ihren Kopf an Sams Oberarm gelehnt und sah ihm zu. Dieser ließ sich nicht einen Moment aus der Ruhe bringen. Es war ihr Mann, der sie vom zu Gucken ablenkte. "Lia?" "Hm?" Kam immer noch nicht ganz wach zurück. "Lia? Würdest du mitkommen wollen auf die Südamerikatour?" Etwas planlos sah sie Richard an. "Öhm? Kann ich erst mal wach werden und dann darüber nachdenken?" Verdutzt sah sie ihn immer noch an. "Wie lange geht die Tour?" Fragte sie neugierig. "Ungefähr drei Monate."