Nick hatte es sich in Dons Büro gemütlich gemacht. Er saß auf einem Stuhl und benutzte einen Zweiten, um die Beine hochzulegen. Den Kopf hatte er nach hinten gelegt und die Hände vor seiner Brust verschränkt. Als die Tür des Büros aufgerissen wurde, sprang er erschrocken auf und wollte den Ankömmling mit militärischem Gruß willkommen heißen, doch er erinnerte sich rechtzeitig daran, dass er hier gar nicht beim Militär war. "Symonds! Was zum Teufel machen Sie hier?" war Dons erste Frage, während er noch die Tür schnell hinter sich schloss. Nick war gerade dabei, sich wieder zu Setzen, als er antwortete: "Es gibt so vieles, was ich hier tun könnte." Etwas verwirrt sah Don ihn an. "Und was wäre das zum Beispiel?" "Jetzt gerade in diesem Moment bin ich hier", begann die Erklärung, "weil ich nicht zurück nach Georgia wollte." "Gibt es dafür einen Grund? Ich meine, beim Militär gibt es doch sowas wie Befehlsverweigerung, oder nicht?" fragte Don überrascht. "Eppes, ich bin jetzt seit siebzehn Jahren beim Militär und habe alles getan, was man mir befohlen hat. Aber mir reicht das jetzt. Ich kann die ganzen Kriege mit ihren unschuldigen Toten nicht mehr ertragen." "Ist das ein Grund, einen Befehl zu verweigern?" stellte der FBI-Beamte provokativ seine nächste Frage. Die Antwort kam ruhig: "Nein, aber das werde ich sowieso selbst regeln. Es ist nur..." Nick brach den angefangenen Satz ab. Die beiden Männer saßen sich nun schweigend gegenüber und sahen sich in die Augen. Don konnte erkennen, dass Nick ihm irgendetwas sagen wollte, aber scheinbar weder den richtigen Zeitpunkt noch die richtigen Worte fand.
Seufzend lehnte sich Don in seinem Stuhl zurück, bevor er die Stille brach: "Es ist nur was?" Nick lächelte leicht über seine eigene Unfähigkeit zu sagen, was er wollte. Während auch er sich zurücklehnte, antwortete er: "Ich brauche einen neuen Job, wenn ich beim Militär kündige." Erwartungsvoll sah er Don an, in der Hoffnung, dass der verstanden hatte, worauf er hinaus wollte. Und dessen Antwort bestätigte ihm, dass er richtig gelegen hatte in seiner Einschätzung: "Warum sollte ich Ihnen helfen einen Job zu finden? Sie wollen mir doch nicht sagen, dass Sie zum FBI wollen?" "Na ich dachte, ich hätte einen Bonus, weil ich Ihnen bei der Verbrecherjagd geholfen habe", stellte Nick fest, "und außerdem brauch ich erstmal eine Bleibe." Don dachte kurz nach und lachte dann. Er erntete dafür einen verwunderten Blick von Nick. Daher klärte er ihn auf: "Ich glaube, Merrick würde sich freuen, einen ehemaligen Soldaten unter seinen Fittichen begrüßen zu dürfen. Aber ich kann nichts versprechen." "Das verlange ich auch gar nicht", meinte sein Gegenüber. "Heute Abend schon was vor?" kam sofort die nächste Frage von Don, der die Sache nun endlich etwas lockerer handhaben konnte. Verblüfft antwortete Nick: "Nein, warum?" "Dann könnten Sie ja zum Essen mit zu meinem Bruder und meinem Vater kommen." Nick wirkte etwas verlegen, als er nachdachte. Sollte er Don vor vollendete Tatsachen stellen? Nein, es war besser, noch ein wenig zu warten.
"Wenn es keine Umstände macht", antwortete der jüngere Mann höflich, "ähm, Eppes? Können wir das blöde Sie nicht mal lassen?" Mit einem breiten Grinsen ließ sich Don darauf ein: "Ja, klar. Kein Problem." Nachdenklich saß Nick nun vor ihm. Etwas verlegen blickte er den vor ihm Sitzenden dann an und fragte schließlich zögerlich: "Ähm, Don? Es gibt da nur noch ein Problem. Wäre es vielleicht möglich, dass ich bei dir Duschen könnte? Aber nur, wenn es wirklich keine Umstände macht." Im ersten Moment war Don sehr überrascht über diese Frage. "Hm? Nein." Kurze Pause. "Nein, es macht keine Umstände."
Don saß auf dem Sofa in seinem Apartment und hatte den eingeschalteten Fernseher auf lautlos gestellt. Das Plätschern der Dusche hatte nicht lange angehalten. 'Typisch Militär', schoss es ihm durch den Kopf. Er betrachtete weiter das stumme Bild des Fernsehers. Nach kurzer Zeit betrat Nick das Wohnzimmer, doch Don ließ sich von seinem Gast nicht ablenken. Etwas verloren stand der Soldat eine Weile im Raum, bis er sich dann in den einsamen Sessel setzte. Don sah nun auf und ihre Blicke trafen sich. "Alles bereit zum Aufbruch?" brach Don lächelnd die Stille. "Nein", antwortete Nick verlegen, "ich... können wir das nicht auf ein anderes Mal verschieben?" Etwas perplex suchte Don nach einer Antwort: "Ja... nein... natürlich. Dann bestellen wir uns halt Pizza oder sowas." "Pizza klingt gut", brachte sein Gegenüber immer noch scheu heraus. Don erinnerte sich daran, wie sich die Verhaltensweisen seines Gastes ändern konnten. Im Moment wirkte er wieder so scheu, wie im Verhörraum, bevor sie ihn zur Zelle gebracht hatten. "Gut, dann bestell ich eben. Was darf es denn sein?" fragte Don, während er sich vom Sofa erhob und zu seinem Telefon schritt. "Einfach irgendwas", antwortete Nick und zuckte mit den Schultern, "ich vertraue da ganz auf deine Empfehlung." Dabei umspielte ein Grinsen seine Lippen.
Sobald Don sich ans Telefonieren gemacht hatte, war dieses Lächeln jedoch schon wieder verflogen und Nicks Blick ging verträumt zum Boden vor seinen Füßen. Unbewusst drehte er wieder einmal seinen Ring. Plötzlich riss ihn Don aus seinem tranceähnlichen Zustand. "Ist alles in Ordnung?" fragte der überraschend vor ihm Hockende. "Ja... klar", stammelte Nick. Kopfschüttelnd erhob sich Don wieder, um es sich auf dem Sofa gemütlich zu machen. "Die Pizza ist in zehn Minuten da", lenkte er vom Thema ab, während er sich niederließ. Doch sein Blick galt nun nicht mehr dem Fernseher, sondern seinem Gast. "Bist du verheiratet?", fragte Don, der sich an einen entsprechenden Eintrag in Nicks Akte entsinnen konnte und das Spiel mit dem Ring beobachtet hatte. "Wie man es nimmt", antwortete Nick ausweichend. "Wir müssen nicht darüber sprechen", begann Don, "aber es stand ja auch in deiner Akte." "Meine Akte?" entfuhr es Nick, als er aufsprang. Don wusste nicht, wie er diesen Ausbruch werten sollte und hob entschuldigend die Hände. Langsam setzte sich Nick wieder und sagte: "Tut mir leid." Dons Verwunderung wuchs. "Wieso entschuldigst du dich jetzt bei mir?" wollte er wissen, "ich müsste mich eigentlich entschuldigen." "Weißt du, Don", holte Nick zu einer Erklärung aus, "das ist genau der Grund, warum ich mein Leben ändern möchte." "Deine Frau?" "Nein", stellte Nick klar, "meine Frau ist tot. Ein dunkles Kapitel meiner Vergangenheit. Ich habe es nicht geschafft, im entscheidenden Moment für meine Familie da zu sein. Und genau das will ich ändern."
"Deine Familie? Ändern? Was faselst du da?" Don verstand kein Wort. Nick lachte kurz, denn er konnte sich Dons Verwirrung zu gut vorstellen. "Du kennst meine Akte, also weißt du auch, dass ich bei der NSA war. Was ich dort getan hab, ist natürlich streng geheim, daher gibt es darüber auch keine Aufzeichnungen. Es war ein Job, von dem ich mir erhofft hatte, er würde mich vom Krieg befreien. Stattdessen fand ich mich an vorderster Front wieder. Ich will nicht behaupten, dass die Ausbildung der NSA schlecht gewesen wäre, im Gegenteil. Aber es war ein Job, der mir sehr viele Feinde beschert hat. Dummerweise ist durch ein Sicherheitsloch mein Name an einen von ihnen weitergeleitet worden. Und dieser Mensch hat es für nötig erachtet, meine Frau und mein Kind zu ermorden. Ich habe nie die Chance gehabt, sie zu retten. Und genau das... wird mir nicht noch einmal passieren."